Mathea: "Weil ich eine Frau bin und große Brüste habe"
weekend: Mit 23 bist du die meistgestreamte Künstlerin Österreichs. Wie fühlt sich das an?
Mathea: Sehr gut! Man ist immer in so einem Strudel und vergisst all die Dinge, die man bereits geschafft hat. Das muss ich mir dann immer wieder vor Augen führen und stolz sein. Aber der Druck ist sehr groß und es gibt immer noch mehr zu erreichen.
weekend: Was ist mehr?
Mathea: Für mich ist der Weg das Ziel. Früher wollte ich unbedingt eine Goldene Schallplatte und einen Nummer-eins-Hit in Österreich. Mit meiner ersten Single "2x" habe ich dann beides abgehakt. Aber ich würde wahnsinnig gerne die Wiener Stadthalle ausverkaufen oder einen Nummer-eins-Hit in Deutschland landen.
weekend: Du hast ja das gleiche Management wie Raf Camora oder 187 Strassenbande. Wie passt Deutsch Rap mit Pop zusammen?
Mathea: Die Grenzen verschwimmen gerade enorm, besonders im Hip Hop und im Pop. Deutsch Rap ist ja überwiegend Pop, schließlich ist Pop die Abkürzung für populär und Deutsch Rap ist bei uns die derzeit populärste Musik. Aber prinzipiell vertragen sich die beiden Genres unheimlich gut!
Solche Kommentare möchte man nicht über die eigene Tochter, Enkelin oder Schwester lesen. – Mathea über den Shitstorm und ihre Familie
weekend: Kommen wir zu deiner Musik: Deine Texte erzählen vom klassischen Leben einer jungen Frau inklusive Dating, Liebe und Herzschmerz. Ist das der Schlüssel zum Erfolg?
Mathea: Ich glaube, ich habe privat sehr gewöhnliche Probleme, einfach Sachen, die jeder erlebt. Und ich schreibe meine Gefühle dazu ehrlich nieder. Bei "2x" habe ich nie darüber nachgedacht, ob sich jemand damit identifizieren kann, ich wollte einfach nur meinen Herzschmerz loswerden. Und plötzlich war der Song nicht nur meine persönliche Liebeskummer-Hymne, sondern die von vielen.
weekend: Heißt das, dass du alle deine Songs selbst schreibst?
Mathea: Es gibt keinen Song, an dem ich nicht beteiligt bin und die Grundidee kommt immer von mir. Aber ich arbeite super gerne im Team und habe feste Songwriter, die ich auch zu meinen Freunden zähle. Ich verarbeite sehr private Themen in meinen Liedern und brauche deswegen Leute, denen ich vertrauen kann. So wird der Song auch authentisch.
weekend: Gerade als junge Frau hat man es in der männlich dominierten Künstlerbranche nicht leicht. Wie sind deine Erfahrungen?
Mathea: Ich habe das Gefühl, dass man als junge Frau immer das Doppelte geben muss. Am Anfang war ich für die Presse dieses kleine Mädchen, das Glück hatte und irgendwie in die Branche reingestolpert ist. Man muss wirklich kämpfen, um ernst genommen zu werden. Und dieser Prozess ist immer noch nicht abgeschlossen. Ich erlebe fast täglich Situationen, in denen ich merke, dass man sich als Frau mehr beweisen muss, egal ob als Künstlerin oder in einem anderen Beruf. Wir müssen die Extrameile gehen.
weekend: Apropos Presse: Dein Auftritt im blauen BH beim Benefizkonzert für die Ukraine hat für Furore gesorgt, auch bei deinen Kollegen. Wieso müssen sich Frauen nach wie vor für ihre Looks rechtfertigen?
Mathea: Ich bin immer noch überrascht, weil es für mich und mein Umfeld ein gewöhnliches Outfit war. Und eigentlich finde ich es auch peinlich, dass im Jahr 2022 ein BH nach wie vor ein Thema ist. Ich muss mich rechtfertigen, aber bei Maurice von Bilderbuch, die nur einen Slot nach mir gespielt haben, konnte man die Nippel sehen. Soll er ruhig machen, der Look war geil, aber darüber gesprochen hat niemand. Und warum? Weil ich eine Frau bin und große Brüste habe.
weekend: Nimmst du dir solche Kommentare zu Herzen oder blendest du das aus?
Mathea: Im ersten Moment hat es mich schon getroffen. Ich habe den Auftritt echt als gelungen empfunden und wegen dieses Shitstorms alles in Frage gestellt. Dabei hat das nichts mit meinem Wert als Künstlerin zu tun. Zum Glück habe ich ein starkes Team und eine tolle Familie, die auch viel mitmachen müssen. Schließlich möchte man solche Kommentare nicht über die eigene Tochter, Enkelin oder Schwester lesen. Mittlerweile ist es mir wurscht und solche Reaktionen beweisen schließlich, dass man interessant ist.
weekend: Du bist das neue Tezenis-Gesicht und hast dich trotz Shitstorm nicht davon abbringen lassen, in Bademode zu shooten. Wie fühlt es sich an, dass die Bilder nun durch die Medien gehen?
Mathea: Gestärkter hätte ich nicht sein können. Das Shooting auf Ibiza war zufällig während dieses Presseauflaufs und der ganze Hate hat mich richtig angespornt. Der ominöse blaue BH war ja eigentlich ein Bikini. Ich bin richtig stolz auf die Zusammenarbeit und super happy mit den Fotos.
weekend: Für viele junge Frauen und Mädchen hast du eine Vorbildfunktion. Spürst du da einen gewissen Druck?
Mathea: Ich verspüre generell sehr viel Druck, aber nicht primär als Vorbild. Ich versuche, in meinem Privatleben Werte zu leben, die cool sind. Bis zu diesem Interview habe ich mich über das Freizügigkeits-Thema noch gar nicht öffentlich geäußert, aber ich möchte meinen Fans klar und unmissverständlich vermitteln, dass man Hate und negativen Kommentaren keine Bühne geben darf.
weekend: Feministisches Verhalten und freizügige Looks gehen für viele nicht einher: Wieso dürfen wir nicht für unsere Rechte einstehen und trotzdem unsere Körper zeigen?
Mathea: Ich glaube, dass die Sexualisierung der Frau ganz tief in unseren Köpfen verankert ist. Zu Beginn meiner Karriere hatte ich immer Jogginganzüge an, in gewisser Weise war das ein Schutzmechanismus. Das erste Kommentar, das ich in der Musikbranche bekommen habe, war von einem sehr bekannten österreichischen Musikmanager. Er meinte damals zu mir, dass ich diese Hosen nicht tragen sollte, weil mein Arsch darin nicht geil aussieht. Ich war 18 und wusste überhaupt nicht, wie ich damit umgehen soll. Das Aussehen von Frauen wird ständig diskutiert, egal, ob man quasi nackt ist oder ein Kopftuch trägt.