Wolf attackiert ÖVP: Streit um Gesinnungsjournalismus eskaliert
Florian Klenk, Chefredakteur der investigativen Wiener Stadtzeitung „Falter”, ist harte Kritik gewohnt. Dem Blatt wird immer wieder attestiert „linkslinke Propganda” zu betreiben. Die Wochenzeitung ist vor allem der FPÖ und ihren Wählern beliebtes Feindbild. Durch ein Interview in der bürgerlichen Presse ist Klenk nun auch zur Zielscheibe niederösterreichischer ÖVP-Politiker avanciert. Sein Sündenfall: Im Presse-Interview mit Oliver Pink bezeichnet sich Klenk selbst als links.
Umstrittene Passage
„Ich leide ja auch darunter, dass es keine gute bürgerliche Partei in Wien gibt”, so Klenk im Gespräch mit Pink. Ob er sich als Linken bezeichnen würde, will Pink wissen. Klenks Antwort: „Ich würde gerne Doron Rabinovici zitieren: Ich bin trotz der Linken links. Ich gebe zu, dass mir das eigene Milieu manchmal schwer auf den Senkel geht.” Pink will es genau wissen: „Linksbürgerlich sozusagen.” Klenk:
Ich würde mich als Linksliberalen bezeichnen. Ich bin für eine linke Politik für die sozial Schlechtergestellten, und liberal bin ich im grundrechtlichen Sinne.
Unübliche Positionierung
In Österreich ist diese klare Positionierung nicht üblich – nach Ansicht der niederösterreichischen ÖVP sogar ein unverzeihlicher Fauxpas und ein Bekenntnis zur Unfähigkeit. Bernhard Ebner, Mediensprecher der ÖVP Niederösterreich, spricht Klenk aufgrund dieser Passage nicht nur die Fähigkeit zur neutralen Berichterstattung ab, sondern jegliche Form von Qualitätsjournalismus.
Öffentliche ÖVP-Aussendung gegen Klenk
„Wenn Journalistinnen und Journalisten, wie der Chefredakteur des ”Falters„, Dr. Florian Klenk, sich selbst als links bezeichnen, sind sie zwangsläufig Gesinnungsjournalisten”, lässt Ebner in einer Aussendung wissen. „Dr. Florian Klenk ist damit ein politischer Akteur und sollte dementsprechend behandelt werden. Der ”Falter„ kann nicht mehr mit Qualitätsjournalismus in Verbindung gebracht werden”, ist er überzeugt.
Ich halte @florianklenk ja für einen der begabtesten deutschsprachigen Journalisten. Und ganz sicher ist er einer der fleißigsten.
Lesenswertes Interview: https://t.co/fyOCOLcp9h— Armin Wolf (@ArminWolf) July 4, 2023
Wolf verteidigt Klenk
Das lässt nicht nur Klenk nicht auf sich sitzen. Namhafte Journalisten springen ihm prompt zur Seite. Darunter auch ZIB2-Anchorman Armin Wolf. Beide sind übrigens Träger des Auszeichnung der Auszeichnung „Journalist des Jahres”. Für seinen Kollegen hat er klare Worte. „Ich halte Florian Klenk ja für einen der begabtesten deutschsprachigen Journalisten”, so der ZIB2-Moderator via Twitter. Und auch für Ebner hat er eine Nachricht: „Diese Aussendung ist in einem Ausmaß grotesk, das mir nichts mehr Höfliches dazu einfällt.”
Sind Journalist·innen, die sich selbst als „bürgerlich“ oder „konservativ“ oder „liberal“ bezeichnen, auch keine Journalist·innen, sondern „politische Akteure“, Herr Ebner?
Diese Aussendung ist in einem Ausmaß grotesk, das mir nichts mehr Höfliches dazu einfällt.— Armin Wolf (@ArminWolf) July 4, 2023
Konservativer Support für Klenk
Sogar der bürgerliche Think Tank „Agenda Austria” springt zu Klenks Verteidigung bei.
Dass der @falter_at und @florianklenk links der Mitte stehen, ist keine wirklich erschütternde Neuigkeit. Was nichts daran ändert, dass er ein hervorragender Journalist und der Falter eine wirklich gut gemachte linke Wochenzeitung ist. Gerade wer ein anderes Weltbild hat, sollte… https://t.co/04haFJtovF— Agenda Austria (@AgendaAustria) July 4, 2023
Klenk unbeeindruckt
Klenk selbst sieht's übrigens gelassen. „Bernhard Ebner hat Euch etwas zu sagen”, schreibt er zunächst über einen Post mit einem Bild der originalen Presseaussendung. "Ich gehöre übrigens keiner Partei an„, stellt der Falter-Chefredakteur dann noch klar. Und einen Wunsch hat er auch noch: ”Hoffentlich sagt niemand dem Bernhard Ebner für welche Partei Alfred Worm, der Aufdecker der Nation, im Wiener Gemeinderat saß. Oder welcher Partei Helmut Schmidt oder Gerd Bucerius angehörten."
Ich gehöre übrigens keiner Partei an. Habe aber einen Wunsch:
Hoffentlich sagt niemand dem Bernhard Ebner für welche Partei Alfred Worm, der Aufdecker der Nation, im Wiener Gemeinderat saß. Oder welcher Partei Helmut Schmidt oder Gerd Bucerius angehörten.— Florian Klenk (@florianklenk) July 4, 2023