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Sebastian Kurz gibt Fernsehteams ein Interview
Kurz zeigt sich im Interview mit Klima- und Asylpolitik unzufrieden.
Kurz zeigt sich im Interview mit Klima- und Asylpolitik unzufrieden.
HELMUT FOHRINGER / APA / picturedesk.com

Kurz warnt: "Europa kann nicht alle retten"

24.06.2024 um 12:52, Stefanie Hermann
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Ex-Kanzler Kurz (ÖVP) übt im Interview mit der Schweizer Blick scharfe Kritik. Für Europas Klima-, Asyl- und Russlandpolitik findet er drastische Worte.

Er ist zwar von der politischen Bildfläche verschwunden, zur aktuellen Europapolitik hat er aber eine klare Meinung: In einem seiner mittlerweile raren Interviews übt Ex-Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) scharfe Kritik – insbesondere an Klima- und Asylpolitik.

Kritik an Klimapolitik

"Ich habe den Eindruck, dass man im Kampf gegen den Klimawandel manchmal glaubt, Deutschland oder Europa könnten die ganze Welt alleine retten", bemängelt der 37-Jährige im Gespräch mit der Schweizer Blick. Das führe dazu, dass Maßnahmen ergriffen werden, die "nicht unbedingt die Attraktivität für Industrieunternehmen erhöhen", warnt er vor überzogener Klimapolitik. In ihr ortet er einen wesentlichen Grund für das Abrutschen Österreichs und Deutschlands in punkto Wettbewerbsfähigkeit.

"Illegale Migration wird akzeptiert"

Nicht weniger gut bewertet der Ex-Kanzler den Stand aktueller Migrationspolitik. Unkontrollierte Migration sei nicht nur eine Belastung für Sozialsysteme, sondern Ursache für steigende Kriminalität – und das wiederum verursache Spannungen in der Gesellschaft. Wir erinnern uns: In seiner aktiven Zeit rühmte sich der ehemals jüngste Staatssekretär damit, die Balkanroute geschlossen zu haben. Auch nach seiner aktiven Zeit fordert er einen effektiven Schutz der Außengrenzen. "Vieles, vor dem ich immer gewarnt habe, ist eins zu eins so eingetreten", zeigt sich Kurz überzeugt. "Die Kernaufgabe von Staaten besteht doch darin, die Grenzen zu schützen, zu entscheiden, wer im Land leben darf und wer nicht. Diese Aufgabe erfüllen viele Regierungen nicht mehr." Im Gegenteil würde illegale Migration einfach akzeptiert werden.

Mit Russland verhandeln

Was wirklich aufhorchen lässt, ist Kurz' Standpunkt zur Russland-Politik. Vor allem den langfristigen Sinn der Sanktionen bezweifelt Kurz. "Es ist nicht so, dass Russland international isoliert wäre. Es leben nur knapp 15 Prozent der Weltbevölkerung in den USA und in Europa." Um den Konflikt zu lösen, seien langfristige Verhandlungen nötig. "Am Ende des Tages ist Russland eine Atommacht. Irgendwann wird es einfach notwendig sein, Gespräche aufzunehmen."

Debattenkultur ist Problem

Insgesamt mahnt Kurz zu einem offeneren Diskurs in Europa und kritisiert die aktuelle Debattenkultur, die oft von einer moralischen Überlegenheit geprägt sei. "Ich glaube, dass diese Art der Debattenkultur das wahre Problem unserer liberalen Demokratie in Europa ist. Wir sollten mit etwas weniger Aufgeregtheit den Diskurs pflegen und nicht ständig die Moralkeule schwingen. Ich glaube, dass die etablierten Parteien dadurch wieder attraktiver werden."

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