Tabuthema? Unfruchtbarkeit
Inhalt
- Altersfrage.
- Weg zum Wunschkind.
- Kostenfaktor.
- Große Hürden.
- Qual der Wahl.
- Insemination.
- In-vitro-Fertilisation (IVF).
- Mikroinjektion.
- Intratubarer Gametentransfer.
- Nebenwirkungen.
- Tabuzone.
Die Geburtenzahlen gehen in Österreich seit einigen Jahren zurück. Im Jahr 2024 wurden insgesamt 76.873 Kinder in Österreich lebend geboren, das sind um 0,9 Prozent weniger als im Vorjahr. Kein Kind zu haben ist allerdings nicht immer eine bewusste Entscheidung. Dass das Alter der Mütter bei ihrer ersten Geburt steigt, ist bekannt, das liegt nicht nur an längeren Ausbildungszeiten, sondern auch an sich verändernden Beziehungen und beispielsweise späteren Eheschließungen und Karriereplänen in jungen Jahren. Ausgeklammert wird dabei oft, dass Paare wie auch Singles sich eine Familie wünschen, aus gesundheitlichen, sozialen oder rechtlichen Gründen jedoch kinderlos sind.

Altersfrage.
Laut Statistik bleiben zehn bis 15 Prozent aller Paare in Österreich ungewollt kinderlos. Die Gründe für den unerfüllten Kinderwunsch sind so unterschiedlich wie die betroffenen Paare selbst. Erfahrungen mit Unfruchtbarkeit hängen stark vom Alter ab, in dem man Kinder haben möchte. Einerseits haben ältere Generationen ihren Nachwuchs möglicherweise in jüngeren Jahren bekommen und waren daher seltener mit Unfruchtbarkeitsproblemen konfrontiert. Andererseits neigen jüngere Generationen dazu, die Elternschaft aufzuschieben, was das Risiko erfolgloser Empfängnisversuche erhöht,
Weg zum Wunschkind.
Für viele Menschen wird es zu einer schmerzvollen Erfahrung, keine Kinder zu haben. Fälschlicherweise wird die menschliche Fortpflanzung medial oft als „gottgegeben“, also als selbstverständlich wahrgenommen und führt damit zu einem erhöhten Druck. Viele junge Erwachsene glauben, dass nach jahrelanger Verhütung von einem Tag auf den anderen eine gewünschte Schwangerschaft eintritt. Das kann natürlich der Fall sein, muss es aber nicht. Und manchmal beginnt ein langer (Leidens-)Weg, wobei die Medizin mittlerweile zahlreiche Verfahren anbietet. Allerdings sind einige Verfahren zum Wunschkind umstritten bzw. in Österreich derzeit nicht erlaubt.

Kostenfaktor.
Von der Diagnostik über die psychosoziale Beratung bis zur Finanzierung: Wer in Österreich von Unfruchtbarkeit betroffen ist, steht in puncto des eigenen Kinderwunsches vor großen Hürden und vor noch höheren Kosten. Die In-vitro-Fertilisation (IVF) wird zwar zu 70 Prozent aus dem IVF-Fonds finanziert, die zusätzlichen Kosten für weitere Untersuchungen sind jedoch nicht enthalten. Außerdem müssen pro Behandlung rund 1.100 Euro selbst bezahlt werden. Problematisch sind auch die Voraussetzungen für die Förderung der IVF: Das Vorliegen einer entsprechenden Diagnose (z. B. PCOS, tubare Dysfunktion, Endometriose, Sterilität des Mannes) und das Unterschreiten der Altersgrenze von 40 Jahren bei Frauen werden dabei gefordert. Beides wird stark kritisiert. Weniger belastende Behandlungen, wie z. B. Inseminationen, müssen sogar vollständig aus der privaten Kasse übernommen werden.
Große Hürden.
In Österreich ist die Samenspende für alleinstehende Frauen verboten, gleichgeschlechtliche weibliche Paare können sie zwar in Anspruch nehmen, aber nur in 22 von 49 europäischen Ländern, und für gleichgeschlechtliche männliche Paare ist es fast unmöglich, ihren Kinderwunsch mittels Fertilitätsbehandlung zu erfüllen. Von der Diagnostik über die psychosoziale Beratung bis hin zur Finanzierung stehen auch heterosexuelle Paare vor großen Hürden, da Unfruchtbarkeit in Österreich nach wie vor nicht als anerkannte Krankheit gilt.

Qual der Wahl.
Das Alter des Paares, insbesondere der Frau, spielt bei der Wahl der Behandlung eine wichtige Rolle. Statistisch sinkt sowohl die Anzahl als auch die Qualität der Eizellen ab einem Alter von 35 Jahren schnell ab. Zumindest die Menge der verbleibenden Eizellen kann per Blutuntersuchung festgestellt werden. Ist eine Frau über 35 und ihre Eizellmenge bereits reduziert, wird oft ebenfalls eine künstliche Befruchtung empfohlen. Oft kann eine Schwangerschaft erzielt werden, aber nicht immer werden Paare auch tatsächlich Eltern. Diese Einsicht ist hart, aber die Möglichkeit besteht und umso wichtiger ist es, sich den Risiken bewusst zu sein, Rückschläge einzustecken und einen langen Atem mitzubringen.
Insemination.
Ursachen einer ungewollten Kinderlosigkeit sind zu gleichen Teilen bei der Frau als auch beim Mann zu finden. Beim Mann stehen die Spermienproduktion oder eine verminderte Spermienqualität im Zentrum der Ursachenforschung. Der häufigste Grund für eine Insemination ist eine geringe Fruchtbarkeit des männlichen Samens, etwa durch eine zu geringe Anzahl oder wenig bewegliche Spermien. Daher wird der männliche Samen ärztlich mit speziellen Verfahren aufbereitet, sodass die gesunden Spermien in höherer Konzentration vorhanden sind.

In-vitro-Fertilisation (IVF).
Um eine Befruchtung außerhalb des Eileiters zu erreichen, wird zunächst der Eierstock der Frau durch Hormonstimulation zur Reifung mehrerer Eizellen angeregt. Die gereiften Eizellen werden dann unter Ultraschallkontrolle durch die Vagina entnommen (transvaginale Follikelpunktion) und in eine Nährlösung gegeben. Die Spermien des Partners werden durch Masturbation gewonnen und im Labor mit den Eizellen zusammengebracht. Nach einem Tag im Wärmeschrank wird unter dem Mikroskop überprüft, ob eine Befruchtung stattgefunden hat. Ist eine Eizelle befruchtet, wird sie nach weiteren 24 bis 48 Stunden in die Gebärmutterhöhle übertragen.
Mikroinjektion.
Die ICSI (Intrazytoplasmatische Spermieninjektion) ist eine der IVF ähnliche Methode, bei der jedoch ein Spermium mit einer dünnen Nadel direkt in eine Eizelle injiziert wird. Diese Methode wird angewendet, wenn die Anzahl der funktionsfähigen Spermien zu gering ist, um durch Insemination oder IVF eine Schwangerschaft herbeizuführen, oder wenn die Spermien aufgrund morphologischer Veränderungen nicht in der Lage sind, in die Eizelle einzudringen. Ansonsten entspricht die ICSI der In-vitro-Fertilisation.
Intratubarer Gametentransfer.
uchtung stellt die sogenannte GIFT dar. Dabei werden der Frau mithilfe einer Bauchspiegelung Eizellen entnommen. Diese werden dann zusammen mit aufbereiteten Samenzellen des Partners in einen oder beide Eileiter injiziert. Dies kann entweder durch die Bauchdecke oder mittels Katheter durch den Gebärmutterhals erfolgen. Die Befruchtung findet dann auf natürlichem Wege statt. Die GIFT-Methode wird angewendet, wenn die Ursachen der Unfruchtbarkeit nicht genau festgestellt werden können. Auch bei Vorliegen einer Endometriose kann die Anwendung sinnvoll sein. Da die Erfolgsraten dieser Methode nicht höher sind als bei der IVF, die Bauchspiegelung unter Vollnarkose aber mit einem höheren Komplikationsrisiko verbunden ist, wird der Intratubare Gametentransfer heute nicht mehr häufig durchgeführt.
Nebenwirkungen.
Sind körperliche Ursachen für die ungewollte Kinderlosigkeit verantwortlich, bedeutet die Behandlung neben organisatorischen Schwierigkeiten eine große körperliche Belastung für die Frau. Eine Hormonbehandlung ist nicht frei von Nebenwirkungen und Komplikationen. Dazu gehören neben dem Überstimulationssyndrom (OHSS) Fehl- und Frühgeburten, Eileiter- oder Mehrlingsschwangerschaften. Die Auswirkungen einer Sterilität können außerdem eine psychische Belastungssituation für betroffene Paare darstellen. Um zu vermeiden, dass die unerwünschte Kinderlosigkeit das Paar emotional herausfordert, ist es wichtig, sich auch über Alternativen wie Adoption Gedanken zu machen und dabei die Beziehung selbst nicht aus den Augen zu verlieren.
Tabuzone.
Obwohl so viele Menschen davon betroffen sind und „Unfruchtbarkeit“ laut Weltgesundheitsorganisation als Krankheit zu sehen ist, wird diesem Umstand in Österreich nicht Rechnung getragen. Es braucht daher viel mehr Aufmerksamkeit für dieses Thema, um die Rahmenbedingungen für die Betroffenen zu verbessern. Viele Menschen mit Kinderwunsch fühlen sich unfähig und das Thema ist häufig mit Scham behaftet. Diese Vorurteile abzubauen sowie offen und ehrlich über Fortpflanzung, Kinderwunsch und anfallende Schwierigkeiten zu sprechen und des Weiteren über Methoden und Risiken Bescheid zu wissen, sind ein wichtiger Schritt.