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Gesundheit
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Nastasic / E+ / Getty Images

Hitzefrei durch die Menopause

14.03.2025 um 00:00, Friederike Ploechl
5 min read
Vitaler Neustart. Die Menopause kann eine Einladung sein, sich neu zu erfinden.

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Mit der Menopause verbinden viele Frauen vor allem unangenehme Veränderungen, verbunden mit Hitzewallungen, Schlafstörungen und hormonellen Schwankungen. Frauen fühlen sich deswegen oft allein gelassen mit den vielfältigen Symptomen. Die Neurowissenschaftlerin Lisa Mosconi ist ­Expertin für Frauengesundheit und auf die Rolle des Gehirns und die Funktion von Hormonen spezialisiert. Sie möchte ein Umdenken anstoßen. Denn für sie markiert die Menopause nicht nur das Ende eines Lebensabschnitts, sie ist vor allem eine Phase des Übergangs und kraftvollen Neubeginns. Viele Frauen erleben in der Perimenopause und Menopause nicht nur körperliche Verände­rungen, sondern auch eine neue Freiheit, Selbstbestimmung und oft eine noch nie da gewesene innere Stärke. Während der Fokus oft auf den Herausforderungen liegt, zeigen aktuelle wissenschaft­liche Erkenntnisse, dass der weibliche Körper in dieser Phase auch enorme Anpassungsfähigkeit und Widerstandskraft entwickelt. Der Stoffwechsel verändert sich, die Muskulatur reagiert stärker auf Kraft­training, und das Immunsystem kann sogar stabiler werden. Warum also nicht gerade jetzt körperliche und mentale Höchstleistungen anstreben? 
 

Liebe neu verhandeln und offen miteinander kommunizieren. Wünsche, aber auch Probleme benennen und gemeinsam lösen.

Veränderungen gezielt nutzen.

Es gibt Frauen, die davon berichten, dass sie sich nach der Menopause physisch und mental stärker fühlen als zuvor. Der Rückgang der Östrogenproduktion verändert auch die Reaktion des Körpers auf Belastungen. Diese Anpassung kann gezielt genutzt werden, um etwa den Bewegungsapparat zu stärken. Da Östrogen eine schützende Wirkung auf die Knochen hat, steigt in der Menopause das Risiko für Osteoporose. Gezieltes Krafttraining und Ausdaueraktivitäten wie Wandern oder Klettern können den Knochenaufbau jedoch  effektiv fördern. Auch der Stoff­wechsel verändert sich. Während sich der Grundumsatz verlangsamt, kann regelmäßige Bewegung – besonders hochintensives Intervalltraining oder Krafttraining – den ­Kalorienverbrauch steigern und so den Stoffwechsel optimieren und den Körper formen. Nicht zu unterschätzen ist die Auswirkung der mentalen Widerstandskraft: Frauen haben nach der Menopause oft eine höhere emotionale Stabilität und ein besseres Selbstbewusstsein. Ihre Lebenserfahrung und die hormonellen Umstellungen fördern Klarheit und Fokus.
 

Träume realisieren.

Beispiele wie die japanische Bergsteigerin Tamae Watanabe, die mit 73 Jahren den Mount Everest bestieg, oder Anne Lorimor, die mit 89 Jahren auf den Kilimandscharo kletterte, zeigen, dass Alter und hormonelle Veränderungen keine Hindernisse darstellen. Aber auch jenseits von Extremsportlerinnen gibt es unzählige Frauen, die in dieser Lebensphase Unternehmen gründen, neue Sportarten erlernen oder Reisen unternehmen, von denen sie lange geträumt haben. Diese Geschichten sind keine Einzelfälle – sie sind ein Beweis dafür, dass körperliche und mentale Leistungsfähigkeit keine Altersgrenzen kennt. 
 

Wendejahre.

Viele Frauen stehen zu dem Zeitpunkt, an dem sie die Wechseljahre zu spüren bekommen, mitten im Berufsleben und sind oft auf dem Höhepunkt ihrer Karriere. Gerade diese Frauen fühlen sich natürlich extrem stark belastet durch Schlaf­störungen und Hitzewallungen. Aber an den Wechseljahren führt für keine Frau der Weg vorbei! Wie diese Jahre aber tatsächlich erlebt werden, ist sehr individuell. Gar nicht so wenige Frauen empfinden das Ende der fruchtbaren Jahre und damit auch das Ende der Regelblutungen als Entlastung. Andere Frauen wiederum belastet das Älterwerden,weil das bei ihnen Verunsicherung und Verlust­ängste hervorruft. Wieder andere werfen einen neuen Blick auf ihr Leben, setzen andere Prioritäten im Beruf und im Privaten und verwirklichen jetzt jene Wünsche, für die ­bislang zu wenig Raum war. Wie eine Frau ihre Phase rund um die Menopause erlebt, wird entscheidend vom jeweiligen persönlichen und gesellschaftlichen Umfeld beeinflusst.
 

Yoga hilft, den Herausforderungen der Wechseljahre mit Gelassenheit zu begegnen.

Wunderwerk Frau.

Grundsätzlich startet der weibliche Körper in die Wechseljahre, wenn sich der Hormon­spiegel langsam verändert. Bei der Geburt sind etwa 400.000 Eizellen in jedem Eierstock angelegt. Mit Beginn der Pubertät reifen jeden Monat eine oder mehrere Eizellen heran und wenn diese nicht von Spermazellen befruchtet werden, sterben sie ab. Es kommt zur Regelblutung und ein ein neuer Zyklus beginnt wieder aufs Neue. Nach ungefähr 30 Jahren geht der Eizellenvorrat bei uns Frauen dann schön langsam zu Ende und die ­hormonelle Umstellung im dritten Lebensabschnitt der Frau beginnt. Das bedeutet, dass die Eierstöcke ihre Aktivität nach und nach immer weiter reduzieren, bis sie schließlich die Produktion der weiblichen Hormone Östrogen und Progesteron ganz einstellen. Mit der Hormonumstellung endet jedoch nicht nur die Fruchtbarkeit der Frau, denn Östrogene und Gestagene wirken sich unter anderem auch auf den Stoffwechsel von Knochen, Haut und Schleimhäuten aus. Durchschnittlich dauern die Wechseljahre zehn bis 15 Jahre, der genaue Zeitraum ist aber individuell unterschiedlich. Wann genau die Wechseljahre einsetzen, ist von Frau zu Frau ebenfalls verschieden. Die meisten Frauen erleben die Zeit um die letzte Regelblutung, die sogenannte Perimenopause, zwischen Mitte vierzig und Mitte fünfzig. Damit erledigen sich zwar Themen wie Monatshygiene und unerwünschter Kinderwunsch beim Sex. Auf der anderen Seite kämpfen viele Frauen gerade am Anfang der Menopause mit den hormonellen Veränderungen und ihren Auswirkungen. Vor allem die Libido verändert sich und daher kommt „keine Lust auf Sex“ während der Wechseljahre gar nicht so selten vor und kann bei manchen Paaren, wo nicht so gerne über Probleme geredet wird, durchaus zu Konflikten führen. Sex in den Wechseljahren ist leider noch immer ein Tabuthema. Frauen ab Mitte  40 werden in der Öffentlichkeit weniger wahrgenommen als jüngere Frauen. Dass die meisten Männer jüngeren Frauen mehr Aufmerksamkeit zugestehen, ist ja nicht ganz unbekannt. Wenn dadurch bei Paaren eine ungesunde Spirale aus Scham und fehlender Anerkennung entsteht, können beide Partner ihre Lust nicht mehr unbelastet genießen. Während der Wechseljahre verändert sich die Balance zwischen Östrogen und ­Testosteron im Körper. Der erhöhte ­Testosteronspiegel kann das körperliche sexuelle Empfinden verändern: Erogene Zonen müssen bei vielen Frauen neu erkundet werden. Was früher Lust bereitet hat, fühlt sich in der Menopause plötzlich nicht mehr prickelnd an. Sexuelle Lust bedeutet nicht nur körperliche Erregbarkeit und hängt zu einem großen Teil auch von psychischen Faktoren, wie dem Selbstwertgefühl und der Wertschätzung vom Partner, ab. In den Wechseljahren fällt es vielen Frauen schwer, ihren Körper so sexy wie früher wahrzunehmen, aber kaum ein Mann in den besten Jahren würde auf Sex verzichten, nur weil er nicht mehr wie ein junger Gott aussieht. Da müssen wir Frauen noch nachlernen und unseren Selbstwert neu definieren. Dafür ist es nie zu spät! Im Alter steht die Libido für viele nicht mehr an ­erster Stelle, was nicht zwingend mit Lustlosigkeit gleichzusetzen ist. ­Manche Menschen gestehen Themen wie Lust und Sex weniger Gewicht zu als andere. Es  ist also immer auch eine persönliche Entscheidung.
 

Kulturelle Unterschiede.

Ob eine Frau Wechselbeschwerden empfindet, wird von Frau zu Frau ganz unterschiedlich wahrgenommen und ist auch abhängig von ihren Genen und von ihrem Lebensstil, etwa in Bezug auf Ernährung, Körpergewicht und den Konsum von Alkohol und Nikotin. Dass zum Beispiel japanische Frauen weniger von Wechseljahr­beschwerden betroffen sind, hängt vermutlich mit ihrer spezifischen Ernährung und ihrem Lebensstil zusammen. So wird das Altern in Japan generell als Bereicherung und Übergansphase zur Weisheit ­gesehen. Hitzewallungen treten bei Japane­rinnen sogar so selten auf, dass die ­japanische Sprache dafür nicht einmal ein eigenes Wort besitzt.

Soziale Kontakte wirken wie ein natürliches Anti-Stress-Mittel, stärken das Wohlbefinden und helfen, Veränderungen besser anzunehmen.

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