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Leonhard Schitter CEO Energie AG
Leonhard Schitter CEO Energie AG
Energie AG, hermann wakolbinger

Grüner Strom statt grauer Theorie

31.03.2025 um 00:00, Johanna Lengauer
3 min read
Aufgeladen. Mit mehr als nur (Rücken-)Wind navigiert der CEO der Energie AG seit 2023 Richtung Zukunft.

Die neue Bundesregierung setzt Akzente. Wie beurteilen Sie schon bekannte Maßnahmen für die Energiewende aus der Sicht des Landesenergieversorgers?
Ich denke, dass sowohl die Energiewende also auch die klima- und energiepolitischen Ziele klar sind. Das ist weiters der Grund, warum wir uns als Energie AG deutlich positionieren und bis 2035 Klimaneutralität und Unabhängigkeit schaffen wollen. ­Konkret bedeutet dies, dass wir den Ausbau der erneuerbaren Erzeugung durch Sonne, ­Wasser, Wind und gleichzeitig den massiven Ausbau der Netze und der Netzinfrastruktur vorantreiben, um genau diese Zielsetzung zu erreichen. Diese sehe ich auch auf bundespolitischer Ebene nicht in Diskussion, was ich allerdings sehe, ist, dass verstanden wird, dass alle Maßnahmen die Stärkung des Wirtschaftsstandorts zur Konsequenz haben. Unser Haus investiert in den nächsten zehn Jahren vier Milliarden Euro, davon zwei Milliarden in die Erneuerbare, in Wasser-, Wind- und Sonnenkraftwerke sowie zwei Milliarden in die Netze. Das ist nicht nur für Oberösterreich ein bedeutender Wirtschafts­impuls, sondern für ganz Österreich. Ich bin überzeugt, das sieht auch die neue Bundesregierung und jeder künftige Gesetzgeber so.

Die Energiewirtschaft steht vor Herausforderungen – von Investitionen bis Klimawandel. Wie sichert die ­Energie AG ihre Wettbewerbsfähigkeit und leistbare Energie der Zukunft?
Wir haben im vergangenen Geschäftsjahr den bis dato höchsten Wert von 317 Millionen Euro investiert und im laufenden Geschäftsjahr investieren wir die absolute Rekordsumme von 571 Millionen. Genau diese Investitionsmaßnahmen brauchte es jetzt und dies gelingt nur, weil wir jeden Euro, den wir erwirtschaften, wiederum reinvestieren. Nur so sichern wir unseren Standort nicht nur ab, sondern schaffen auch die notwendige Wettbewerbsfähigkeit. ­Darüber hinaus steht die Energie AG einerseits dafür, jeden Euro in den wirtschaft­lichen Ausbau zu stecken und andererseits, die Strompreise weiter zu senken und damit auch eine zusätzliche Entlastung für unsere Kund:innen zu erzielen. Eine erneute, deutliche Strompreissenkung mit 1. April stärkt zudem unsere Position als einer der günstigsten Landesenergieversorger in ­Österreich.

Zukunft trifft Erfahrung. Im Rahmen der Open-House-Veranstaltung der Energie AG-Lehrwerkstätte trafen sich im Herbst 2024 deren Lehrlinge mit Energie AG- CEO Leonhard Schitter und dem Leiter der Lehrlingsausbildung Matthias Pesendorfer.



Welche strategische Rolle spielt die Windkraft für die Energie AG?
Jede erneuerbare Energieform, die uns den klima- und energiepolitischen Zielen näherbringt, muss weiter ausgebaut werden. Wir haben uns daher einen klaren Ausbaupfad vorgenommen und wollen bis 2035 in Summe 1,2 Terawattstunden zusätzlich an Strom erzeugen und unseren Kund:innen zur Verfügung stellen. Wie dies gelingen soll, ist klar: 40  Prozent sind Sonnenstrom aus ­Photovoltaik, 60  Prozent erzeugen wir aus Wind. Dazu eignen sich beispielsweise ­Regionen in Wien und Oberösterreich vornehmlich. Der Kobernaußerwald wäre ein Projekt, wo weitere 19  Windkraftanlagen aufgestellt werden können. Zusätzlich investieren wir auch in andere strategische Projekte etwa in Deutschland, Italien oder Slowenien. In diesem Kontext haben wir uns in Slowenien an einer Gesellschaft beteiligt, mit der wir Photovoltaik- und Windprojekte realisieren wollen, um unser Ziel zu erreichen.

Windkraft – umstritten, aber essen­ziell. Wie begegnen Sie Widerstands- und Akzeptanz-Debatten, besonders im Hinblick auf neue Zonierungen? 
Um die Klima- und Energieziele zu verwirklichen, braucht es ein Commitment von allen. Unternehmen, Politik und Bevölkerung benötigen ein gemeinsames Bekenntnis und Verständnis für die Windkraft und sollten in einer Art Zukunftspakt klar zusammenstehen. Jegliche Art der kraftwerks­mäßigen Energieerzeugung muss man auch als technologischen Fortschritt sehen, den wir dringend brauchen, um unseren Wohlstand abzusichern. Selbst wenn dieser auch Sichtbarkeit bedeutet, denn Kraftwerke sind sichtbar. Weiters brauchen wir auch in Richtung Abwicklung ein Commitment, für eine schnellere Durchführung von Behördenverfahren. In Österreich liegt die Genehmigungs­dauer bei etwa neun Jahren, somit braucht es deutlich beschleunigte Verfahren, denn es ist aktuell nicht mehr fünf vor, sondern fast ein bisschen fünf nach zwölf. 

Exponentieller Anstieg. Im Gespräch mit Herausgeberin Johanna Lengauer erläutert Leonhard Schitter, dass sich Österreichs Stromverbrauch von aktuell 77 Terawattstunden (TWh) bis 2040 auf 140 TWh nahezu verdoppeln wird.



Welche politischen Maßnahmen könnten die Energiewende beschleunigen?
Die Wende als Wirtschafts- bzw. als Nachhaltigkeitsprogramm zu verstehen und ­gesetzliche Maßnahmen wie das ElWG (Elektrizitätswirtschaftsgesetz), sozusagen die Bibel der Stromwirtschaft. Diese umfasst die Netztarifierung und regulatorische Maßnahmen und wird derzeit überarbeitet. Ein weiterer Bereich ist das Thema des EABG – das Erneuerbaren-Ausbau-Beschleunigungsgesetz –, damit die bereits angesprochenen Verfahren schneller umgesetzt werden.    

Es heißt des Öfteren: „Die Sonne schickt keine Rechnung, der Netzbetreiber schon.“ Wie stellt die Energie AG sicher, dass Photovoltaik finanzierbar bleibt?
Die Sonne schickt keine Rechnung, aber Wasser auch nicht. Investitionen in die ­Netze sind unerlässlich, denn nur ein leistungsfähiges Netz sichert die landesweite Versorgung. Ohne den massiven Ausbau gelingt weder die Energiewende noch, die benötigte Energie verfügbar zu machen. Ich unterstreiche daher noch einmal, dass der Netzausbau als Standortabsicherungsprogramm gesehen werden muss. Um aktuell und zukünftig Kapazitäten und Mengen für Wirtschafts- und Bevölkerungszuwachs, Elektromobilität, aber genauso Digitalisierung und KI zu transportieren, braucht es die Extraportion Infrastruktur. 

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