Der Intendant - Dietmar Kerschbaum
Beim „Brucknerfest 2023“ stehen Frauen, Komponistinnen, Musikerinnen im Mittelpunkt. Warum ist Ihnen das wichtig?
Lange Zeit hatten kreative Frauen unter dem Vorurteil zu leiden, sie seien zu echten schöpferischen Leistungen nicht fähig. Mit dem diesjährigen Brucknerfest wollen wir dieses Vorurteil widerlegen. Denn auch Frauen haben tolle Musik geschrieben, großartige Sinfonien und Messen komponiert, die es wert sind, aufgeführt zu werden. Darum ist es mir wichtig, ihnen beim Brucknerfest ein Podium zu bieten.
Auf welche besonderen Konzerte und Stars darf man sich beim diesjährigen Brucknerfest freuen?
Man darf sich auf ein Gesamtprogramm freuen, das mehr ist als die Summe seiner Teile. Darin besteht ja letzten Endes die Kunst einer guten Programmierung. Ich freue mich auf großartige Künstlerinnen und Künstler, vor allem aber freue ich mich, großartige Musik zu hören: Sinfonien etwa von Dora Pejačević, Florence Price, Amy Beach oder Louise Farrenc, aber auch von Emilie Mayer, die man zu Lebzeiten als „weiblichen Beethoven“ rühmte, die nach ihrem Tod jedoch in Vergessenheit geriet.
Sie haben gerade Ihr Saisonprogramm 2023/2024 präsentiert. Welche Schwerpunkte sind geplant?
Das Saisonprogramm steht diesmal unter dem Motto „Tanz – Rhythmus, Schwung, Ekstase“. Der Schwerpunkt liegt dabei auf Werken, die unmittelbar oder indirekt mit Tanz zu tun haben, wozu übrigens auch Beethovens 7. Sinfonie zählt, die Wagner als „Apotheose des Tanzes“ bezeichnet hat. Dieses Programm wird so richtig in die Beine fahren, darauf freue ich mich sehr.
2024 wird ein besonderes Jahr: Der 200. Geburtstag von Anton Bruckner wird gefeiert. Welche Highlights erwarten uns, und wie wird der 50. Geburtstag des Brucknerhauses gefeiert?
Als jenes Haus, das seinen Namen trägt, fühlen wir uns besonders verpflichtet, Bruckners 200. Geburtstag groß zu feiern. Es freut mich, dass sich neben dem Brucknerhaus der Posthof, das Kinderkulturzentrum Kuddelmuddel sowie LIVA Sport am Jubiläumsprogramm beteiligen. Es wird Theateruraufführungen, einen Bruckner-Lauf und eine von Ina Regen kuratierte Konzertreihe geben, die unter dem Titel „Next Bruckner“ jungen Talenten aus der Singer-Songwriter-Szene ein Podium bietet.
Ein Höhepunkt ist sicher auch das Gastspiel der São Paulo Dance Company aus Brasilien. Das Brucknerhaus wird den Jubilar vor allem beim Brucknerfest 2024 ehren, mit Konzerten unter Franz Welser-Möst und Christian Thielemann, vor allem aber mit einem Zyklus, in dem alle elf Sinfonien Bruckners im Originalklang zu hören sein werden. Einzelne Sinfonien werden immer wieder einmal von Originalklangorchestern gespielt, aber alle Sinfonien als Zyklus gab es weltweit noch nie. Um das zu hören, muss man nach Linz kommen!
Am 23. März 2024 wird dann der 50. Geburtstag des Brucknerhauses groß gefeiert werden. Zur Eröffnung haben seinerzeit die Wiener Philharmoniker unter Herbert von Karajan Bruckners 7. Sinfonie gespielt. Auf den Tag genau 50 Jahre später kommen sie wieder nach Linz, abermals mit Bruckners Siebenter, diesmal dirigiert von Zubin Mehta. Bereits am Vorabend stellen sich das Bruckner Orchester Linz und Markus Poschner als Gratulanten ein, die Bruckners 1. Sinfonie spielen werden, die in Linz entstanden und auch uraufgeführt worden ist. Linz kann stolz auf sein Brucknerhaus sein. Es war der Motor einer Entwicklung, die diese Stadt der Industrie auch zu einer Stadt der Kultur gemacht hat.
Auch die Klangwolke wird heuer wieder heiß erwartet. Worum geht es am 9. September?
Ich bin sehr glücklich darüber, dass es uns gelungen ist, eine der profiliertesten Opern- und Musical-Regisseurinnen unserer Zeit dafür zu gewinnen: Francesca Zambello. Sie nennt ihre Klangwolke „Odyssey. A Journey Through Worlds“. Es werden aber nicht die Irrfahrten des griechischen Helden erzählt, der Troja zu Fall gebracht hatte. Es geht nicht um Kämpfe, Krieg und Tod, also um all das, womit Männer oftmals glauben, Ruhm und Ehre zu gewinnen. Diese Klangwolke, in der ein junges Mädchen im Mittelpunkt steht, feiert vielmehr ein Fest des Lebens.