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Christian Holzinger

Demenz ist zum Vergessen

16.09.2024 um 00:00, Johanna Lengauer
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Als Klinische und Gesundheitspsychologin in der eigenen Praxis sowie seit vielen Jahren als Klinische Neuropsychologin im Krankenhaus Steyr.

Demenzerkrankungen nehmen weltweit rasant zu. Worauf führen Sie das zurück? Dafür gibt es nach aktuellem Wissen zahlreiche Ursachen wie erbliche -Vorbelastung, aber auch Folgen unseres Lebensstils wie etwa Rauchen, exzessiver Alkoholkonsum, starkes Übergewicht, Bewegungsarmut, Diabetes, Bluthochdruck, unbehandelte Schwerhörigkeit, chronischer Schlafmangel u. v. m. Diskutiert werden auch Umweltgifte und nicht zuletzt, dass wir immer älter werden. 

Welche Maßnahmen lassen sich wirksam vorbeugend ergreifen? Wir können manche Risiko- in Schutzfaktoren umwandeln. Das bedeutet, auf eine ausgeglichene, zuckerarme Ernährung sowie genügend -Bewegung zu achten. Ebenso gilt es, Stress zu reduzieren, auch wenn das einfacher gesagt als getan ist. Unser Gehirn benötigt rund 25  Prozent der Gesamtenergie unseres Körpers, darum ist auf genügend guten Schlaf zu achten, denn nur so kann es sich erholen. -Viele schlafen über Jahre schlecht und haben sich so daran gewöhnt, dass sie nicht auf die Idee kommen, schlechten Schlaf behandeln zu lassen. Gleiches gilt für Depressionen, die unbedingt therapiert gehören, denn sie führen zu einer Verschlechterung der Kognition.  Eine wichtige vorbeugende Maßnahme ist aber auch, immer wieder Neues zu lernen, also sein Gehirn wirklich gezielt und stetig zu fordern. Aktuell geht man davon aus, dass rund 40 bis 45  Prozent der Demenzen durch eine Verbesserung des Lebensstils verhindert werden könnten!

Wann wird aus „normaler“ -Vergesslichkeit eine Krankheit? Es ist normal, etwas zu vergessen, was oft mit Ablenkung zu tun hat. Vergessen als mögliche Krankheit bedeutet, wenn jemand über einen -längeren Zeitraum das Gefühl hat, sich an Gespräche, Namen oder Erlebtes nur teils oder nicht mehr erinnern zu können. Dann ist es wichtig, abklärende Maßnahmen zu ergreifen, denn nicht jede Gedächtnisstörung muss gleich Demenz sein, da Schilddrüsen- oder metabolische Probleme wie auch
Hormonstörungen unser Gedächtnis beeinflussen können.

Ist das Fortschreiten einer Demenzerkrankung aufzuhalten? Wird die Krankheit durch eine fachärztliche Untersuchung festgestellt, ist eine Heilung nach aktuellem wissenschaftlichem Stand nicht möglich. Die Gabe von Antidementiva kann das Voranschreiten jedoch verzögern und so Alltagsfertigkeiten länger erhalten. Mir ist es besonders wichtig, auch die Vorstufe – im Fachbegriff als Mild Cognitive Impairment (MCI) bezeichnet – in Betracht zu ziehen, die vereinzelte, aber bereits messbare Defizite in den Hirnleistungen mit sich bringt. Nach aktueller Studienlage können rund 50  Prozent der Betroffenen stabilisiert werden oder sich Symptome sogar zurückbilden. Mein Fazit: Beim ersten „Mit meinem Gedächtnis stimmt etwas nicht“ dies unbedingt abklären und ab 60 die kognitiven Leistungen vorsorglich durchchecken zu lassen.

Was umfasst Ihr Therapieansatz? Die Angehörigenberatung und die Begleitung sind das A und O. Wissen der Partner oder die Kinder mit Verhaltensveränderungen umzugehen, schafft dies Sicherheit, die auch der Erkrankte spürt. Bei beginnender Demenz bietet sich ein kognitives Training der betroffenen Funktionsbereiche an. Bei einer milden kognitiven Beeinträchtigung besteht dringender Handlungsbedarf, der im Rahmen eines Behandlungsplans samt intensivem, regelmäßigem Training erarbeitet wird. Im individuellen Gespräch werden alle zur Verfügung stehenden therapeutischen Möglichkeiten bis hin zur psychiatrischen Begutachtung, Schlafsanierung oder Stressreduktion angeboten. 

Wordrap

Ein guter Tag beginnt … mit einer Tasse Kaffee.

Mich gibt‘s niemals ohne … Wimperntusche. 

Freundschaft ist … kostbar.

Meine Stärken sind … Disziplin, Fleiß und mein Mann.

Wäre ich ein Tier, … dann wäre ich ein Adler.

In meiner Freizeit genieße ich ... mein Zuhause mit Blick auf die Steyr und die Kochkünste meines Mannes.

Weinen muss ich … bei traurigen Filmszenen, selbst bei Cartoons.

Grantig werde ich, ... wenn ich hungrig bin.

Mein geheimes Laster ist ... ein gutes Glas Wein.

In 5 Jahren ... habe ich hoffentlich mein zweites Buch erfolgreich veröffentlicht.

Steckbrief

Name: Petra Stangl-Winkler

Geburtsjahr: 1969

Beruflicher Werdegang: Studium der Psychologie, klinische Ausbildung Neuromed Campus Linz, praktische neuropsychologische Ausbildung – seit 2014 zusätzlich in der eigenen Praxis tätig 

Familienstatus: verheiratet

Lieblingszitat: „Ein Optimist ist ein Mensch, der die Dinge nicht so tragisch nimmt, wie sie sind.“ (Karl Valentin)

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