Als wir noch eine Riviera hatten
2020 hätte ein gutes Jahr für Rijeka sein können – da trug die drittgrößte kroatische Stadt nämlich den Titel „Europäische Kulturhauptstadt“. Doch die Corona-Pandemie machte den Organisatoren, die auf viele italienische Besucher gezählt hatten, einen dicken Strich durch die Rechnung. Hunderte Veranstaltungen mussten abgesagt werden.
Titos Jacht wird Museumsschiff
„Für die Fisch‘“ war der Titel trotzdem nicht. Dank üppig geflossener Fördergelder (rund 40 Millionen Euro) werden auf Vordermann gebrachte Kultureinrichtungen, sanierte Industriedenkmäler, renovierte Gründerzeitpaläste und nicht zuletzt Titos Jacht „Galeb“ – der 117 Meter lange Pott wird derzeit zum Museumsschiff umgebaut – überdauern. Gegen Ende des Jahres soll die ehemalige Privatjacht des jugoslawischen Staatspräsidenten Josip Broz Tito (1892-1980) dann für immer im Hafen von Rijeka ankern. Dem Vernehmen nach wird es auch ein „Youth Hostel“ an Bord geben. Ob der Eröffnungs-Termin nun hält oder nicht, Rijeka hat auf jeden Fall mehr zu bieten als Tito-Nostalgie und rostige Hafenkräne (obwohl die auch ihren Reiz haben).
Rijeka hieß Fiume
In der Altstadt mit ihren Gründerzeitpalästen und der Flaniermeile „Korzo“ fühlt man sich in die Zeit der k.u.k-Monarchie zurückversetzt. Die Stadt, die früher den italienischen Namen „Fiume“ trug und auf Deutsch „St. Veit am Flaum“ genannt wurde, gehörte von Mitte des 15. Jahrhunderts bis zum Ende des ersten Weltkriegs zum Habsburgerreich, wobei der ungarische Einfluss im 19. Jahrhundert besonders wichtig war, da sich die österreichische Reichshälfte auf Triest konzentrierte. Ab 1924 war die Stadt Rijeka dann mit einer Mauer geteilt – der größere Teil gehörte zu Italien, der kleinere zum Königreich Jugoslawien. 1945 brachen dann die Jahrzehnte der Volksrepublik an und Rijeka wurde eine sozialistische Vorzeigestadt.
Kroatiens schönster Fischmarkt
Der pulsierende Mittelpunkt des heutige Rijeka ist der Marktplatz am Ende des Korzo. Drei Jugendstilhallen mit Fisch, Fleisch und Milchprodukten sind von zahllosen Obst- und Gemüseständen umgeben. Historische Sehenswürdigkeiten sind die Kathedrale des heiligen Vitus, das Kastell von Trsat, in dem regelmäßig Rave-Parties stattfinden, der ehemalige Gouverneurspalast mit dem „See- und Geschichtsmuseum des Kroatischen Küstenlandes“ und das Stadtmuseum mit einer permanenten Ausstellung über die Geschichte des Torpedos. Rijeka hat auch ein Museum der modernen und zeitgenössischen Kunst und ein Computer-Museum, das „Peeke & Poke“ heißt. Sehenswert ist auch die kleine Synagoge im Bauhausstil, die wundersamerweise die deutsche Besatzung während des II. Weltkriegs überstanden hat.
Das jugoslawische Rimini
Das in Sichtweite von Rijeka gelegene Opatija (in k.u.k-Zeiten „Abbazia“ genannt) ist seit Mitte des 19. Jahrhunderts bis heute ein Sehnsuchtsort der Nordländer und der Österreicher im Besonderen. Es soll Urlauber geben, die seit 50 Jahren jeden Sommer in Opatija verbringen – ein Phänomen, das man auch von Rimini, Caorle oder dem Gardasee kennt. Der Opatija-Boom setzte um 1850 ein, als Wiener Ärzte begannen, das milde Klima der Kvarner Bucht anzupreisen und findige Reiseunternehmer daraufhin den Slogan von der „österreichischen Riviera“ kreierten. Aus einem idyllischen Fischerdorf mit einem einzigen Hotel entstand zwischen 1884 und 1914 eine kleine Kurstadt à la Bad Ischl. Und das ist Opatija, das drei Kriege unbeschadet überstanden hat, noch heute. Auch Hotels unter österreichischer Regie gibt es wieder, zum Beispiel das Vier Sterne-Plus-Hotel „Miramar“, das dem Salzburger Wilfried Holleis gehört.
Rijeka/Opatija ist mit dem Auto ab Wien in etwa 5 ½ Stunden erreichbar. Länger dauert‘ s mit dem Zug, nämlich mindestens 10 Stunden (Wien-Ljubljana-Rijeka). Sehr schnell, bequem und supergünstig ist man mit dem Reisebus unterwegs: 7 Stunden ab Wien/Erdberg über Zagreb.