Die "First Lady" des Skisports
Sie haben sich für die Selbstständigkeit entschieden. Wie kam es dazu?
Ich habe während des Masterstudiums der Kommunikationswissenschaft eine berufsbegleitende Ausbildung im Grafikdesign begonnen. Vor dem Studium arbeitete ich in einer Marketingagentur und war im konzeptionellen Bereich tätig, habe Inhalte und Texte geliefert. Als ich gesehen habe, was die Grafikdesigner mit der Gestaltung erschaffen, war ich sehr beeindruckt und wollte es unbedingt selbst versuchen.
Wie zufrieden sind Sie bisher?
Sehr zufrieden! Ich hätte mir nicht gedacht, dass es so gut funktioniert. Ich wohne mit Marcel am Land und habe dadurch ein anderes Einzugsgebiet als in der Stadt. Aber gerade in diesem Bereich ist der Bedarf groß, da dort viele Unternehmen angesiedelt sind, die sich nicht an eine große Agentur wenden. Am Land gelten auch andere Kriterien. Das A und O ist die Mundpropaganda. Es geht weniger um Referenzen, sondern vielmehr um persönlichen Kontakt, Zuverlässigkeit und Vertrauen.
Am Land weiß bestimmt jeder von der Beziehung mit Marcel Hirscher. Würden Sie das eher als Vor- oder Nachteil sehen?
Gute Frage. Primär ist es ein Vorteil, weil die meisten wissen, wer ich bin. Das schadet nicht, sondern bildet Vertrauen und nimmt eine Hürde. Ansonsten könnte ich mir vorstellen, dass es auch Personen gibt, die mir aufgrund dessen nichts zutrauen, mich weniger ernst nehmen. Viele wissen nicht, dass ich studiert habe oder was ich mache. Es passiert auch heute noch, dass mich Personen aus unserem direkten Umfeld von Marcel fragen, was ich eigentlich arbeite. Aber das ist auch logisch, denn jeder hat seine Aufgabe und wenn man sich nicht damit auseinandersetzt, woher sollen sie es wissen? Insofern ist das für mich okay.
War der Schritt in die Selbstständigkeit schwer? Welchen Einfluss hatte Marcel Hirscher?
Es war eigentlich eine sehr, sehr schwere Entscheidung, weil ich gerne in einer Firma gearbeitet habe. Es ist ein schönes Gefühl, Teil eines Teams zu sein und den Zusammenhalt zu spüren. In dieser Branche ist es aber oft so, dass man verfügbar sein muss. Wenn der Partner jedoch viel unterwegs ist und auch am Wochenende nicht da ist, wird es spannend. Ich stellte mir die Fragen: Was ist wichtiger? Wo liegen meine Prioritäten? Das ist eine Gratwanderung. Der normale Arbeitsrhythmus ließ sich mit Marcel nicht vereinbaren, deshalb habe ich mich in die Selbstständigkeit gewagt. Ich muss noch viel lernen, aber jetzt schaffe ich das. Ich kann nun von überall aus arbeiten, wie vor Kurzem in Amerika oder in Schweden, ich habe meine Arbeitsutensilien immer dabei. Von meinen Kunden fällt es manchen gar nicht auf, dass ich nicht hier war, es sei denn ich bin mit Marcel gerade in Amerika und schreibe E-Mails zu merkwürdigen Zeiten. Aber das ist für mich die Herausforderung. Ich muss meinen beruflichen Erfolg nicht hintanstellen, ich kann Partnerschaft und Job kombinieren, ohne etwas zu vernachlässigen. Ich wollte meinen eigenen Weg gehen, etwas für mich tun, selbst Erfolg haben.
Müssen Sie da nicht unglaubliche Selbstdisziplin aufbringen, um sich trotz der Reisen auf die Arbeit konzentrieren zu können?
Nicht wirklich. Ich würde die Krise bekommen, wenn ich auf einem Rennen wäre und nichts zu tun hätte. Es ist viel langweiliger, als man es sich vorstellt. Natürlich gibt es Unterschiede. In Amerika kann man sich ein Mietauto nehmen, das ist relativ unkompliziert. Aber man ist viel allein. Wenn wir auf Reisen sind, hat Marcel seine Schedules – Physio, Training etc. Ich kann natürlich mitfahren, aber es ist nur bedingt etwas, das mir Spaß macht, denn das hieße, viel zu warten. Ich brauche eine Aufgabe, ich muss aktiv sein. Wenn meine Selbstständigkeit nicht wäre, würde ich vermutlich lernen, wie man Ski herrichtet. Stehe ich im Ziel bei Marcel, streite ich oft mit dem Team um den Rucksack, damit auch ich meinen Teil beitragen kann.
Man könnte meinen, Sie ruhen sich in dieser Zeit aus, gehen shoppen. Das wäre nichts für Sie?
Klar, es gibt natürlich viele wunderschöne Orte, das muss man zugeben, aber es gibt auch Länder, wie letztes Jahr in Südkorea, da ist nichts mit Shoppen. Viele stellen sich auch die Häuser, in denen wir untergebracht sind, luxuriös vor. Das ist es nicht. Unterkünfte, wo man wirklich freiwillig auf Urlaub hin fahren würde, kann man an einer Hand abzählen. Sie sind meist fernab von Luxus und mehrheitlich anstrengend, was zum Beispiel die Schlafqualität betrifft. In Südkorea haben wir auf dem Boden geschlafen. Auch das Essen ist nicht immer, wie man es sich vorstellt.
Sie beide sind also alles andere als luxusverwöhnt?
Es ist ein Job, das sehen wir alle so. Alles richtet sich nach dem perfekten Training aus und nicht nach Sightseeing und Urlaub. Natürlich gibt es Orte, an denen eine gewisse Leichtigkeit entsteht und man schon mal am Abend zusammen sitzt. Aber der Job ist im Vordergrund, es sind Geschäftsreisen.
Wie gehen Sie mit Vorurteilen um, die den Lebensgefährtinnen von Spitzensportlern oft anhaften?
Ich sehe das inzwischen mit Galgenhumor. Ich sage dann sowas wie „Darf ich vorstellen, ich bin Laura, das Attachment, "das Anhängsel". Am Anfang war das schwieriger mit der Öffentlichkeit. Es war etwas Verunsicherndes, ein Herantasten. Mittlerweile ist das besser, wir haben gelernt damit umzugehen. Für mich war es besonders am Anfang nicht einfach. Wenn man das Gefühl hat, man wird reduziert, indem Leute nicht fragen „Wie geht es dir?“ sondern „Wie geht es Marcel?“. Dann ist es schwierig, wenn man selbst ehrgeizig ist. Meist meinen sie es nicht böse, man muss versuchen, es nicht an sich herankommen zu lassen. Außer bei Marcel selbst. Er unterstützt mich total. Für ihn werden meine Belange, meine Tätigkeit gleich behandelt, als wenn es seine eigenen wären.
Sie sind seit achteinhalb Jahren ein Paar. Wie haben Sie sich eigentlich kennengelernt?
Theoretisch kennen wir uns schon seit der Kindheit. Wir waren gemeinsam im Judo und im gleichen Reitstall. Aber wir waren nicht bewusst auf der gegenseitigen Agenda, wir sind uns oft unbewusst über den Weg gelaufen. Dadurch, dass wir den gleichen Freundeskreis haben, hat sich das dann entwickelt.
Hätten Sie damals schon mit diesem Erfolg gerechnet?
Als wir zusammengekommen sind, hat er schon Weltcupleistung erbracht, aber ich muss ehrlich zugeben: Ich habe mich zu diesem Zeitpunkt nie mit Skifahren auseinandergesetzt. Kein Scherz, ich kannte den Unterschied zwischen Riesentorlauf und Slalom nicht, also überhaupt nicht, bin selbst auch nicht Ski gefahren. Hätte ich mich damit auseinandergesetzt, hätte ich vielleicht geschätzt, dass er auf einem guten Weg ist. Aber ich wusste es nicht.
Hat sein Ehrgeiz abgefärbt?
Wir sind eine gute Kombination, glaube ich. Ich war zwar schon immer ehrgeizig, aber er ist ein riesengroßes Vorbild für mich. Er hat eine so unglaubliche mentale Stärke.
Daran sind Sie vermutlich nicht ganz unbeteiligt, indem Sie ihm den nötigen Rückhalt geben.
Das wäre schön, wenn ich mir das zuschreiben könnte, aber das kommt ganz von ihm. Ich unterstütze ihn zwar, wo ich kann, aber er ist einfach stark. Das wäre er auch ohne mich.
Ist Familie da ein Thema?
Auf jeden Fall. Wenn wir wirklich die Zeit haben, dass wir uns beide darauf konzentrieren können, dann wird es sicher ein Thema. Es ist eine Entscheidung, die gut durchdacht werden muss. Wir machen uns da keinen Stress, wir haben noch Zeit.
Welche Ziele streben Sie noch an?
In sportlicher Hinsicht möchte ich auf jeden Fall einen Marathon laufen. Und beim Training besser werden. Viele Länder noch bereisen. Nepal zum Beispiel, da gibt’s viel, das ich sehen will. In beruflicher Hinsicht noch viel weiterentwickeln. Natürlich in weiterer Folge bewusst eine Agentur bei uns am Land aufmachen. Ist noch Zukunftsmusik. Berufliche Weiterentwicklung auf jeden Fall.
Biografisches
Persönliches: Laura Moisl ist 28 Jahre alt und wohnt gemeinsam mit Skistar Marcel Hirscher in Annaberg. Cockerspaniel Timon macht das Paar komplett. Sie ernährt sich seit Jahren großteils nach den Paleo-Prinzipien, läuft gerne und verausgabt sich in der Trendsportart Crossfit.
Berufliches: Sie hat einen Masterabschluss in Kommunikationswissenschaft der Universität Salzburg und eine abgeschlossene Grafikdesign-Ausbildung. Seit eineinhalb Jahren ist sie in diesem Bereich selbstständig tätig. Ihr Repertoire reicht von der Logogestaltung bis zur grafischen Umsetzung von Flyern, Plakaten, Prospekten, Autobeschriftung, Katalogen und mehr.