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Hand hält einen Pokal vor glitzerndem Hintergrund
In vielen Bereichen ist Österreich viel besser als sein Ruf
In vielen Bereichen ist Österreich viel besser als sein Ruf
JAG_CZ/ISTOCK/GETTY IMAGES

Weltklasse! In diesen Bereichen ist Österreich super

28.08.2024 um 16:00, Philipp Eitzinger
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Wäre Jammern olympisch, Österreich würde sich gegen die anderen 209 Länder locker durchsetzen! Dabei ist unser Land in den meisten Bereichen echt spitze.

Es wäre eine schlechte Zeit für Optimisten, sang einst die Band Silbermond: „Die müssen ziemlich einsam sein!“ In Österreich sind sie das tatsächlich – laut einer Gallup-Umfrage aus dem letzten Jahr bezeichnen sich 49 Prozent der Menschen als pessimistisch, nur 18 Prozent als optimistisch. Österreich, Land der Berge und der Dome. Aber auch: Land der Suderanten.

Wasser: top! Einkommen: hoch! Lebenserwartung: alt!

Dabei hätte man allen Grund, glücklich zu sein. Österreich hat extrem sauberes Wasser – in diesem Ranking belegen wir weltweit Platz zwei, aus unseren Badeseen kann man bedenkenlos trinken. Die Lebenserwartung von 82 Jahren liegt höher als etwa in Deutschland, Großbritannien oder den USA. Die Österreicher gehören zu den reichsten 10 Prozent der Weltbevölkerung, das zeigen die von den Vereinten Nationen veröffentlichten Zahlen. EU-weit weist Österreich das dritthöchste Median-Nettoeinkommen pro Kopf auf.

Hände halten mehrere Euro-Banknoten
Beim Netto-Median-Einkommen ist Österreich mit 2.093 Euro auf Platz drei in der EU

Unzufriedenheit gerade wegen hoher Lebensqualität?

„Wir haben in gewisser Weise Luxusprobleme“, bestätigt Reinhard C. Heinisch, der an der Universität Salzburg zu den Themen Demokratie und Populismus forscht. Was er damit meint? „Wenn man ums Überleben kämpfen muss, sind die Prioritäten klar. Bei einem gewissen Wohlstand kann man streiten, etwa wo man Windräder hinstellt, da haben alle Beteiligten unterschiedliche Prioritäten. Das ist Anzeichen einer hoch entwickelten Gesellschaft.“ Tatsächlich ist Österreich das unfreundlichste Land der Welt. Zu diesem Schluss ist eine Erhebung der Organisation „InterNations“ gekommen, die weltweit die Interessen von im Ausland beschäftigten Menschen vertritt. Bei der Lebensqualität landet Österreich in derselben Studie aber im absoluten Spitzenfeld. Ja, mag man einwenden, natürlich geht es uns in Europa besser als in Subsahara-Afrika oder in den von skurrilen Diktatoren zugrunde gewirtschafteten Ländern Zentralasiens.

Ein glückliches, vitales älteres Paar
Die Lebenserwartung in Österreich beträgt 82 Jahre - das ist nur zwei Jahre weniger als in Japan, dem Mekka des Alt-Werdens

Zahlen vs. Bauchgefühl

Doch selbst im EU-Vergleich ist Österreich in vielerlei Hinsicht stark dabei. Anteil erneuerbarer Energien? Platz zwei. Ausgaben für das Gesundheitssystem pro Kopf? Platz drei. Anteil junger Menschen mit Arbeitsplatz? Platz sieben, immerhin, im oberen Drittel. Arbeitslose? Weniger als im EU-Schnitt. Zufriedenheit mit der Gesamtsituation ist aber keine auf Zahlen basierende Wissenschaft, wie Heinisch zu Bedenken gibt, „sondern eine Sache des Bauchgefühls. Außerdem wissen wir spätestens seit Corona, dass selbst scheinbar objektive Einschätzungen, wie etwa Gesundheit, teils massiv von der jeweiligen politischen Einstellung abhängen.“ Umso mehr gelte das für wirtschaftliche Aspekte.

Zwei Polizisten in einer belebten Umgebung
Im Sicherheits-Score der OECD kommt Österreich auf 9,3 von 10 möglichen Punkten. Zum Vergleich: Norwegen hat 9,9 und Mexiko nur 0,2!

Frage der Erwartung

Zumal es Kennzahlen gibt, bei denen Österreich nicht so gut abschneidet. Benzin etwa ist kein Schnäppchen, wenn auch immer noch günstiger als in Deutschland, Frankreich, Italien oder Dänemark (dort kostet es 2,10 Euro pro Liter!). Die Inflation beträgt zwar mit zuletzt 2,9 Prozent kaum mehr als ein Drittel noch von jener vor zwei Jahren – aber sie ist nur in sechs EU-Ländern höher. Hier kommt ein Phänomen der menschlichen Psychologie ins Spiel: Was funktioniert, wird nicht als positiv wahrgenommen, sondern – wenn überhaupt – als normal. Was schlecht läuft, fällt aber umso stärker auf. Gleichzeitig ist die Unzufriedenheit besonders groß, wenn Erwartungshaltung und die (gefühlte) Realität auseinander klaffen.

Wer geht wählen?

Das wirkt sich auch auf das gesellschaftliche und politische Miteinander aus. Hier ist die Forschung von Politikwissenschaftler Reinhard C. Heinisch interessant, auch im Hinblick auf die kom­mende Nationalratswahl am 29. September. „Wir haben untersucht, wie sich Unzufriedenheit auf die Wahlbeteiligung auswirkt“, erklärt er. Ergebnis: Glauben Menschen, es liefe generell schlecht, werden sie gleichgültig und bleiben bei der Wahl daheim. Heinisch: „Wenn sie aber das Gefühl haben, nur ihnen geht es schlechter, anderen in ihrer Umgebung aber gut – dann gehen sie erst recht wählen.“ Bei der durchschnittlichen Wahlbeteiligung liegt Österreich übrigens auf Platz sieben unter den 27 EU- Ländern.

Ein Stethoskop
Nur 0,3 Prozent der Kinder in Österreich sterben vor dem 5. Lebensjahr – in den USA sind es doppelt so viele.

Wenn Hoffnung lebt

Was noch stärker mobilisiert als Wut, sei aber Hoffnung, sofern sie glaubhaft vermittelt wird. Ob aber im skep­tischen Mitteleuropa funk­tioniert, was einst Barack Obama und in den letzten Wochen Kamala Harris bei den grundsätzlich auf Positivität gepolten Amerikanern ausgelöst hat? Was wir den Amerikanern voraushaben, darüber sind sich wohl alle einig, ist die Qualität unseres Biers. Super! Aber auch im Bierkonsum pro Kopf ist ­Österreich vorne dabei, Platz zwei weltweit. Ob man darauf wirklich stolz sein sollte, darüber könnten wir vielleicht noch mal reden.