Warum Europa so unter Hitze stöhnt
Tropen-Hitze in Großbritannien, bis zu 47 Grad Celsius in Spanien und Portugal, große Dürre in Norditalien und allerorts tobende Waldbrände – seit mehreren Wochen sucht die große Hitze den Kontinent heim. Lange Hochdruckperioden sind zwar typisch für die Monate Juli und August, aber die zunehmende Länge und Intensität dieser heißen Perioden geben zu denken. Kann sich nur um den allseits beschworenen Klimawandel handeln, denkt der Laie.
Wenn der Jetstream reisst
Klima ist zwar nicht gleich Wetter, aber eine gängige Theorie bringt die langen Hitzeperioden tatsächlich mit dem menschengemachten Treibhauseffekt und der damit verbundenen, ansteigenden Durchschnittstemperatur in Verbindung. Diese Theorie sagt folgendes: weil sich die Arktis stark erwärmt (seit Beginn der 2000er-Jahre hat sich die Region deutlich stärker erwärmt als das globale Mittel), nimmt der Temperaturunterschied zu den Tropen ab. Das wiederum hat zur Folge, dass sich der Jetstream im Sommer abschwächt und manchmal auch abreißt. Jetstreams – man kennt sie von den Durchsagen auf Flugreisen – sind Ströme von starken Winden in großer Höhe, die durch das Temperaturgefälle zwischen Polargebiet und Subtropen entstehen und von West nach Ost rund um die Welt rasen.
Auch der Golfstrom schwächelt
Meteorologen, die ihre Erkenntnisse in der Zeitschrift jüngst in der Zeitschrift „Nature Communications“ publiziert haben, sehen die Ursache der derzeitigen Hitzeperiode im „abgerissenen“, im Gebiet der Azoren kreisenden südlichen Jetstream, der ein stabiles Tiefdruckgebiet über dem Meer antreibt. Diese rotierende Schlechtwetterzone schaufelt wiederum die heiße Luft von Afrika nach Europa. Auch die Zweiteilung des nördlichen Jetstreams ist ein seit längerem zu beobachtendes Phänomen. Hier wird ein breites Hochdruckgebiet von einem nördlichen und einem südlichen Jetstream gewissermaßen eingeschlossen.
Kaltes Meer, heißer Kontinent
Noch eine zweite Ursache für ausgedehnte Hitzewellen gibt es: den schwächelnden Golfstrom. Normalerweise bringt diese „meridionale Umwälzzirkulation“ warmes Wasser aus der Karibik nach Europa. Derzeit bildet sich allerdings zwischen Island und Nordeuropa wegen des schmelzenden arktischen Eises und des Grönlandeises (Süsswasser) eine „Kälteblase“, welche die Zufuhr des warmen Meereswassers behindert. Auch diese Kaltwasserzone hat einen Einfluss auf die atmosphärische Zirkulation, die wiederum zu dauerhaften Hochdruckzonen in Europa führen kann.
Trockene Böden bringen wenig Regen
Last but not least tritt auch noch ein Rückkoppelungseffekt auf. Die langen Hochdruckperioden erhöhen die Wahrscheinlichkeit, dass auf eine Hitzeperiode eine weitere folgt, weil die Böden so austrocknen, dass weniger Wasser verdunsten kann und als Regen für die erlösende Abkühlung sorgt.