Orca-Angriff: Segler schießen auf Meeresbewohner
Seit 2020 kommt es an der iberischen Atlantikküste und in der Straße von Gibraltar vor Portugal und Spanien immer wieder zu einem unerklärlichen Phänomen: Schwertwale, auch Orcas oder "Killerwale" genannt, greifen aus bislang unbekannten Gründen in Gruppen gezielt Segelboote und vereinzelt auch Yachten an. Mindestens drei Boote sind durch die Attacken bereits gesunken. Die Meerestiere nähern sich meist ruhig dem Schiff, zerstören das Ruder und machen es so manövrierunfähig. Dieses einzigartige Verhalten gibt den Forschern Rätsel auf. Bei Seglern hingegen löst es Angst aus, was nun zu einem unangenehmen Zwischenfall geführt hat.
"Gladis" gibt den Ton an
Insgesamt sollen knapp 50 Schwertwale an den Attacken beteiligt sein. Besonders viele scheinen aber auf das Konto einer ganz bestimmten Orca-Dame zu gehen: "White Gladis". Während einige Forscher vermuten, dass die Tiere nur spielen, gehen andere davon aus, dass ein traumatisches Erlebnis hinter dem Verhalten steckt. Das Orca-Weibchen könnte mit einem Boot kollidiert sein oder sich in einem Fischernetz verfangen und verletzt haben. Ihre Reaktion: Sie will die Boote loswerden und hat ihr Verhalten ihren Artgenossen beigebracht. Menschen werden nie angegriffen, auch nicht die Rettungsboote, mit denen sie an Land gebracht werden. Die streng geschützten Orcas gelten als besonders soziale und hochintelligente Wesen, die schnell lernen.
Segelcrew schießt auf Orcas
Eine derartige Attacke hat sich vermutlich auch vor wenigen Tagen in der Nähe des Küstenstädtchens Tarifa ereignet. In der Straße von Gibraltar ist eine Segelcrew auf die Wale gestoßen. Ein Video zeigt, wie sich die Mannschaft offenbar zur Wehr setzt und mit einer Waffe mehrmals auf die Tiere feuert. Vermutlich handelt es sich dabei um für den Notfall gedachte Seenotraketen. Ob dabei ein Tier verletzt oder getötet wurde, ist nicht bekannt.
Segler von Polizei verhört
Orcas sind eine vom Aussterben bedrohte Tierart und daher streng geschützt. Nach Angaben der Non-Profit-Organisation "OceanCare" sind die spanischen Behörden bereits aktiv, die Verantwortlichen seien bereits identifiziert und vernommen worden. "Die möglicherweise tödliche Verletzung von und Gewaltanwendung gegenüber vom Aussterben bedrohten Orcas ist schlichtweg skandalös. Der Vorfall zeigt aber auch, dass den Medien eine besondere Verantwortung zukommt, das Verhalten der Orcas nicht als gewalttätig oder eine Form von Rache gegenüber dem Menschen darzustellen", warnt Carlos Bravo, Ocean Policy Experte bei OceanCare, vor Ort in Madrid.