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Franz Gasselsberger, Oberbank AG
Franz Gasselsberger, Oberbank AG
Franz Gasselsberger, Oberbank AG
Oberbank/Foto LUI

„Wir sind ja nicht mehr in der Steinzeit“

16.01.2023 um 16:14, Jürgen Philipp
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Verwaltung: Franz Gasselsberger, Generaldirektor der Oberbank, über bürokratische Hürden bei der Investitionsförderung, dem Pensionssystem und dem Zugang zum Kapitalmarkt.

CHEFINFO: Wo sehen Sie in Ihrem Business die größten bürokratischen Hürden?
Franz Gasselsberger: Wir sind als siebtgrößte Bank Marktführer bei der Investitionsförderung. Dabei treten immer wieder Sachverhalte auf, welche die Förderanträge und die Abwicklung erschweren, etwa die Unzahl an Förderstellen. Es gibt Bundes- und Landesförderungen, den ERP-Fonds, AWS und viele weitere Stellen. Es sollte eine Bundesförderstelle geschaffen werden, die zentral verwaltet. Das würde das System verschlanken und dynamischer machen. Dazu wird in diesem Bereich nicht digitalisiert, alles läuft noch in Papierform. Wir sind ja nicht mehr in der Steinzeit. Das zweite große Thema, mit dem wir kämpfen, ist die Pensionsvorsorge. Wir haben drei Säulen, die staatliche, die betriebliche und die private. Die gesetzliche Säule liegt darnieder. Ein Viertel des 100-Milliarden-Euro-Budgets wird aufgebracht, um die Pensionsleistungen zu finanzieren. Es ist aber ein Mythos, dass die Verlängerung der Lebensarbeitszeit sich massiv auswirkt. Ein Jahr länger arbeiten bringt nur eine Milliarde. In anderen Ländern werden die private und betriebliche Säule viel stärker gefördert. In Deutschland gibt es sogar eine Verpflichtung, dass die Betriebe tätig werden müssen. Auch die Mitarbeiter wollen das und es würde die Mitarbeiterbindung erhöhen. Dabei müsste man aber gleichzeitig die Unternehmen bei Arbeitgeber- und Sozialversicherungsbeiträgen entlasten. Nur 25 Prozent aller Arbeitnehmer können auf eine betriebliche Pensionsvorsorge zurückgreifen, weil Personengesellschaften im Vergleich zu Kapitalgesellschaften diese nicht in vollem Umfang absetzen können. Ähnliches bei der privaten Vorsorge. Da spielt die Leistbarkeit eine Rolle. Die Sparquote sinkt, also muss ich Menschen dabei unterstützen, steuerliche Anreize setzen oder Prämien bezahlen. Aber es heißt immer: Die Zeit für eine Pensionsreform ist nicht reif. 

Es gibt Bundes- und Landesförderungen, den ERP-Fonds, AWS und viele weitere Stellen. Es sollte eine Bundesförderstelle geschaffen werden, die zentral verwaltet.

Der Finanzminister hat einige Reformen zum Kapitalmarkt – Stichwort Behaltefrist – im Auge. Wie stehen Sie dazu?
Gasselsberger: Finanzminister Brunner hat angekündigt, den Kapitalmarkt zu attraktiveren. Das ist eine löbliche Aussage. Eine Behaltefrist mit gleichzeitiger steuerlicher Entlastung würde den Markt attraktiver machen. Doch das Thema wurde verschludert. Die Menschen sitzen in der Realwertverlustfalle, dieser müssen sie entkommen. Man muss sie daher vermehrt in den Kapitalmarkt bringen. Doch auch hier hört man die immer gleichen Argumente. Das wäre nur etwas für Superreiche, man kann aber ab 50 Euro im Monat in Fonds investieren. Dann heißt es, das sei nur was für Spekulanten. Nein, ist es nicht, die meisten Trader denken langfristig. Man muss den Kapitalmarkt wieder positiv besetzen und ihn attraktiver gestalten. Die Menschen müssen einen Teil ihres Vermögens in diesen fließen lassen, mit einer Behaltefrist samt steuerlichen Vorteilen würde das gehen.
 

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