Raiffeisen Gunskirchen: eine grüne Bank
CHEFINFO: Sie sind als Raiffeisenbank Gunskirchen früh einen eigenständigen Weg mit dem Schwerpunkt Umwelt gegangen. Warum?
Kristina Haselgrübler: Als eigenständige Genossenschaftsbank vergeben wir nicht nur Kredite, sondern können auch die Ausrichtung der Bank mitbestimmen. Unser langjähriger Vorstandsvorsitzender Hubert Pupeter hatte bereits in den 1990er-Jahren die Idee einer Umweltbank. Geld hat in diesem Bereich große Gestaltungsmacht. Pupeter war immer verwundert, warum Österreich hier dem internationalen Trend hinterherhinkt. Vor rund zehn Jahren ergriff er die Initiative und gründete das Umweltcenter quasi als Bank in der Bank, um damit sowohl ökologische als auch Gemeinwohlprojekte zu finanzieren.
Hat in diesen Jahren ein Sinneswandel unter den Bankkunden eingesetzt?
Haselgrübler: Ja, das merken wir schon sehr stark. Am Anfang waren nur die Pioniere unter den Kunden dabei. Während Biolebensmittel oder ökologische Mode schon populär waren, konnten viele Menschen mit nachhaltiger Geldveranlagung oder einem grünen Girokonto nicht allzu viel anfangen. Heute ist es vielen Kunden nicht egal, was mit ihrem Geld passiert. Die Niedrigzinspolitik unterstützte diesen Trend. Motto: Wenn es schon keine Zinsen für mein Geld gibt, dann soll es wenigstens etwas Positives bewirken. Wir zahlen wieder Zinsen und allen Banken ist es mittlerweile gesetzlich vorgeschrieben, Kunden zu fragen, ob ihnen grüne Veranlagung wichtig ist.
Jede Bank ist heute „grün“. Wie grenzen Sie sich zum Greenwashing, also einer Nachhaltigkeit als bloße Marketingmaßnahme, ab?
Haselgrübler: Für uns war immer klar: Es braucht ein Label, das grüne Veranlagung klar kennzeichnet. Transparenz, die von externen Wirtschaftsprüfern sowie einem Umweltbeirat überwacht wird. Nur so können Greenwashing-Themen im Zaum gehalten werden. Wir waren die erste Bank in Österreich, die das Umweltzeichen für Spar- und Girokonten erhalten hat. Bei uns ist das Nachhaltigkeitsthema als Klimabündnisbetrieb in der DNA verankert. Wir haben auch ein eigenes Informationsformat zum Thema gutes Geld ins Leben gerufen. Geld ist Vertrauensgeschäft. Greenwashing bewirkt das Gegenteil, es zerstört das Vertrauen. Wir haben das klassische Bankgeschäft mit einem Umweltauftrag verbunden und dabei nichts anderes gemacht, als die Idee des Sozialreformers und Gründer des Genossenschaftswesens, Friedrich Wilhelm Raiffeisen, weiterzuentwickeln. Sein Schwerpunkt lag in der Landwirtschaft, wo damals viel Not herrschte. Hätte Raiffeisen den Klimawandel kommen gesehen, wäre das auch für ihn ein wichtiges Thema gewesen. Wir reisen mit Kunden immer wieder zu einzelnen Projekten. Die Leute sollen spüren, wohin das Geld fließt.
Die Bank ist in den letzten Jahren gewachsen, auch durch Zusammenschlüsse mit benachbarten Raiffeisenbanken. Was zeichnet die Region Gunskirchen aus?
Haselgrübler: Wels und Wels-Land sind immer schon eine wirtschaftlich starke Region gewesen. Gunskirchen ist als Teil des Welser Speckgürtels von einer hohen Unternehmensdichte geprägt. Für eine Marktgemeinde mit gut 6.000 Einwohnern zählt Gunskirchen überdurchschnittlich viele Arbeitsplätze, es gibt aber auch noch zahlreiche klassische Wirte und Bäcker. Vom Aufschwung in dieser Region haben wir zweifellos profitiert. Der Firmenkundenbereich ist bei uns traditionell sehr stark.
Was haben Sie sich als neuer Dreiervorstand für die Zukunft vorgenommen?
Haselgrübler: Umweltcenter, Firmenkunden und Private Banking – diese drei Geschäftsbereiche geben uns ein Alleinstellungsmerkmal in der Region. Jeder Vorstand konzentriert sich auf seine Stärken, was uns wesentlich mehr Schlagkraft verschafft. Diesen Weg gehen wir konsequent weiter. Einerseits sind wir in der Region für unsere Unternehmen da und begleiten sie auf ihren Expansionswegen. Das ist besonders wichtig, wenn die Wirtschaft etwas turbulenter ist. Als Umweltcenter wollen wir überregional der erste Ansprechpartner im Bereich Ökofinanzierungen in Österreich sein. Unser Ansatz: Der Klimawandel hört nicht in Gunskirchen oder in der Region Wels auf. Hier müssen wir größer denken. Auch Privatkunden betreuen wir aus ganz Österreich. Seit einem Jahr bieten wir nachhaltiges Private Banking an. Das sind Kunden mit speziellen Veranlagungsbedürfnissen, die entsprechende Betreuung brauchen.
Ist es das Ziel, das Umweltcenter als österreichweite Marke zu etablieren?
Haselgrübler: Wir sind schon ganz gut bekannt, weil wir unsere Vision einer grünen Bank seit einem Jahrzehnt leben. Erst kürzlich wurde ich wieder zu einer Podiumsdiskussion in Wien zu diesem Thema eingeladen. Wir haben nicht die riesigen Marketingbudgets, sondern leben ganz stark davon, dass Kunden uns weiterempfehlen. Das funktioniert sehr gut.
Green-Banking-Pionier
Die vor 125 Jahren gegründete Raiffeisen Gunskirchen gilt mit dem Umweltcenter als österreichweiter Vorreiter für nachhaltige Geldanlagen. Die „Bank in der Bank“ hat mit Stand 31. Dezember 2022 ein Kreditvolumen von rund 70 Millionen Euro in 178 verschiedene Projekte investiert. Das Geschäftsvolumen der eigenständigen Genossenschaftsbank wuchs im Jahr 2022 um 5 Prozent auf 1,167 Milliarden Euro. Das Plus an ökologischen Finanzierungen und an grünen Spar- und Giroprodukten betrug 16 Prozent. Das Jubiläumsjahr ist auch von einem Wechsel an der Spitze geprägt: Green-Banking-Pionier Hubert Pupeter übergab mit 1. Juli die Führungsagenden an das neue Vorstandsteam Michael Kammerer, Kristina Haselgrübler und Andreas Hohensasser.