„Pendel schlägt in Richtung Überregulierung aus“
CHEFINFO: Gibt es aus Ihrer Sicht so etwas wie eine Art Richtschnur für effiziente Bürokratie. Wie viel Bürokratie ist nötig bzw. ab wann ist sie zu viel?
Gerald Hackl: Ein gesundes Maß an Bürokratie ist in Ordnung. Es braucht Fairness und Rechtssicherheit. Auch bei uns im Unternehmen ist Compliance wichtig, aber wie vieles im Leben geht es um die richtige Mischung. In puncto Bürokratie schlägt das Pendel in Richtung Überregulierung aus. Wenn sie keinen Nutzen mehr stiftet, ist sie übertrieben. Und Bürokratie hat einen doppelten Kosteneffekt. Gesetze, die geschaffen werden, kosten Geld, und auch uns als Unternehmen kostet das Wertschöpfung. Es bringt einen Verlust an Produktivität und Wettbewerbsnachteile. Was uns massiv trifft, ist, dass wir als einer der größten Lebensmittelproduzenten des Landes jedes Jahr Audits über Audits benötigen und dann auch noch die Auditoren geprüft werden. Vier- bis fünfmal wird dasselbe geprüft. Es wäre einfach, nur ein Audit zu machen, das andere einsehen könnten.
Kann eine konsequente Digitalisierung der Verwaltung dieses Problem lösen?
Hackl: Wir sind in Österreich in unterschiedlichen Bundesländern tätig und in jedem gibt es andere Vorschriften. Man müsste sich viel mehr vernetzen. Behörden- und Genehmigungsverfahren werden mühsam. Warum schafft man nicht ein zentrales digitales Register? Es gäbe da so viele Möglichkeiten. Es wird fairerweise auch einiges getan und es gibt auch in der Verwaltung Verfechter für mehr Digitalisierung. Es gibt sogar Behörden, die sich proaktiv den Betrieb ansehen wollen. Wenn sie ihn dann gesehen haben, verstehen sie unsere Anforderungen viel besser. Vor solchen Menschen habe ich Hochachtung. Doch andere wiederum interessiert das nicht. Die bleiben stur: „Das sind die Gesetze und nach diesen entscheiden wir, egal ob es Sinn macht oder nicht.“
Was uns massiv trifft ist, dass wir jedes Jahr Audits über Audits benötigen und dann auch noch die Auditoren geprüft werden.
Schadet die Bürokratie damit unserem Wirtschaftsstandort und hält sie eventuelle Investoren ab?
Hackl: Wir haben 25 Gesellschaften und machen mit 3.400 Mitarbeitern rund 1,1 Milliarden Euro Umsatz. Unsere Geschäftsführer sind Gestalter, keine Verwalter. Doch die Bürokratie bremst. Wird etwa eine Investition geprüft, wird ein Gutachten erstellt, folgt dem ein Gegengutachten usw. Das kostet enorm viel Zeit und Geld. Wir wissen lange nicht, ob und was wir dürfen oder nicht. Diese Überregulierung schadet unserer Wettbewerbsfähigkeit. Wir sind stolz, dass wir in Österreich produzieren, Arbeit schaffen und Wertschöpfung im Land generieren. Ich stehe da voll dahinter, aber große Konzerne verlagern ihre Produktion in Länder, wo es einfacher ist. Österreich ist ein kleines Land und nach wie vor ein guter Standort. Wir könnten also klein und fein und damit sehr wendig sein, aber ich hoffe – und glaube dran –, dass sich einiges bei der Verwaltung tun wird. Es bräuchte vor allem ein wenig mehr Geschwindigkeit.