Kredite sind Vergangenheit, Investoren blicken in die Zukunft
CHEFINFO: Wie sehen perfekte Übergabeprozesse aus, und was können Sie für Nachfolger tun?
Haider: Mein Credo zu Übergabeprozessen lautet: Je professioneller sie vorbereitet und begleitet werden, desto besser. Wir bieten mit unseren Beteiligungen eine Alternative zum klassischen Kredit. Es ist vielen Übernehmern, etwa bei einem MBO, nicht bewusst, dass sie mit beispielsweise zehn Prozent des Kaufpreises und zusätzlicher Eigenkapitalunterstützung eines Investors die Übergabe stemmen können. Die Kaufpreisfinanzierung wird dabei aus künftigen Cashflows bedient. In Österreich und Deutschland ist das Finanzierungssystem sehr stark mit Fremdkapital verknüpft. Kredite wirken sich aber auf die Eigenkapitalquote aus. Wir sind faktisch Mitunternehmer. Wenn es gut läuft, verdienen auch wir gut, wenn nicht, sind wir im Risiko. Bei Kreditfinanzierungen müssen regelmäßig Rückzahlungen und Zinsen bezahlt werden. Wenn wir investieren, ist die laufende Belastung niedriger, es gibt keine Zinsen, denn unsere Beteiligung ist ergebnisabhängig und wird meistens erst beim Exit bedient.
Ramsebner: KMU glauben oft, eine Firma zu kaufen, funktioniert so einfach wie ein Autokauf. Es müssen aber erst einige Prozesse durchlaufen werden, wie z.B. eine Due Diligence. Das ist nicht das Tagesgeschäft eines klassischen Unternehmers. Die Komplexität des Übergabeprozesses wird oft sträflich unterschätzt, dazu kommen manchmal auch unrealistische Preisvorstellungen. Ein häufiger Fehler bei der Ermittlung des Kaufpreises ist, dass der Substanzwert und der Ertragswert vermischt werden. Der Substanzwert umfasst die Gebäude, Maschinen etc., der Ertragswert die zukünftig erzielbaren Ergebnisse. Auch wenn die Betriebsimmobilie viel wert ist, sagt das noch nichts über den Unternehmenswert an sich aus.
CHEFINFO: Wie sieht es aktuell aus? Hat sich die Pandemie auch auf die Unternehmensnachfolge ausgewirkt?
Haider: Seit dem Sommer geht es bei Unternehmensübergaben wieder bergauf, und es gibt auch wieder vermehrt Investitionen in Wachstum. Das passt zu uns: Wir verstehen uns schließlich als Wachstumsfinanzierer. Natürlich hat es manche Branchen, wie z. B. den Tourismus, stärker erwischt, aber vielleicht denkt jetzt ein Unternehmer früher an eine Übergabe. Umgekehrt ergibt sich für potenzielle Nachfolger möglicherweise ein günstiger Einstieg. Die Zeit ist nicht so schlecht, um darüber nachzudenken, einen Betrieb zu übernehmen.
CHEFINFO: Was muss man tun, wenn man Sie als Investor ins Boot holen will?
Ramsebner: Grundsätzlich haben wir keinen Branchenfokus. Als Raiffeisen Invest Gruppe investieren wir von Startups bis zur Industrie, von einem Investment von 200.000 Euro bis zu 40 Millionen Euro. Aktuell haben wir 70 Beteiligungen. Anders als bei strategischen Beteiligungen der Raiffeisenlandesbank Oberösterreich, wo es keinen geplanten Ausstieg gibt, ist im Private-Equity-Bereich bereits zum Einstiegszeitpunkt der Exit geregelt. Dieser ist zeitlich sehr flexibel, es gibt Fälle, wo wir schon nach zwei Jahren abgeschichtet wurden, manchmal sind wir auch schon einmal zehn Jahre dabei. Wir greifen dabei in der Regel nicht aktiv in das operative Geschäft ein. Haider: Normalerweise können wir eine Transaktion je nach Verlauf innerhalb weniger Wochen oder Monate umsetzen. Wichtig ist uns, dass die Unternehmen über ein etabliertes Geschäftsmodell verfügen und es eine realistische Kaufpreisvorstellung gibt.
CHEFINFO: Bisher gut gehende Unternehmen sind nun ins Trudeln geraten. Würden Sie in solche investieren?
Haider: Wenn eine Firma in einer schwierigen Situation einen hohen Verlust hat, wird sich in der Folge das Rating verschlechtern. Selbst wenn es wieder bergauf geht, verbessert sich das Rating nur langsam, weil es auf Bilanzzahlen der Vergangenheit basiert. Wir hingegen blicken in die Zukunft, sehen uns das Management und das künftige Potenzial an und investieren in dieses. Unsere Beteiligung trägt dabei immer volles Risiko. Eine Kreditfinanzierung ist meistens besichert, manchmal bis zu 100 Prozent. Wir sind aber viel näher am Unternehmen dran und erkennen Chancen.
Ramsebner: Natürlich muss die Persönlichkeit des Übernehmers zu uns passen. Er muss uns als unternehmerischen Partner auf Augenhöhe sehen, nicht als reinen Geldgeber.