Goldgräberstimmung: Müll ist wertvoll
Alte Zeitungen, gebrauchte Möbel oder leere Plastikflaschen. Müll ist fixer Bestandteil unseres Lebens. Doch wie viel Geld lässt sich damit verdienen? Besonders die Kreislaufwirtschaft wäre eine der großen Wachstumschancen für die österreichische Wirtschaft, wie eine gemeinsame Studie von der Altstoff Recycling Austria AG und der Unternehmensberatung PWC zeigt. Aktuell weist die heimische Kreislaufwirtschaft eine Bruttowertschöpfung von mehr als vier Milliarden Euro auf, diese könnte bis 2030 auf jährlich mehr als fünf Milliarden anwachsen. So wären bis 2030 insgesamt 35 Milliarden Euro heimische Bruttowertschöpfung möglich. Die zurzeit erwirtschafteten vier Milliarden Euro werden von rund 13.000 Unternehmen und insgesamt rund 48.600 Beschäftigten generiert – das ist eine Milliarde Euro mehr als beispielsweise in der Stahlindustrie. Um Klimaneutralität bis 2040 zu erreichen, prognostiziert das Umweltbundesamt einen zusätzlichen Investitionsbedarf von 145 Milliarden Euro bis 2030; ein Teil davon dürfte auch in Maßnahmen zur Circular Economy -fließen. „Wenn sich zukünftig die rechtlichen Rahmenbedingungen zugunsten der Kreislaufwirtschaft verbessern, kann Österreichs Circular Economy das Wirtschaftswachstum ankurbeln, die Abhängigkeit aus Primärrohstoffen reduzieren und die CO2- und Ressourcenbilanz deutlich verbessern“, erklärt Agatha Kalandra, Vorstandsmitglied bei PwC Österreich.
Die Situation in Oberösterreich
In den oberösterreichischen Haushalten und Kleinbetrieben fiel im Jahr 2022 eine Abfallmenge von etwa 781.500 Tonnen an. Dies entspricht einer Menge von 544 Kilo pro Einwohner (Siedlungsabfälle und Bauabfälle). Darin enthalten sind biogene Abfälle, Altstoffe (Fraktionen wie Metall, Holz, Kunststoff, Papier, Glas etc.) und Restabfälle.
63.000 Abfallbehälter
Umweltlandesrat Stefan Kaineder dazu: „Die größte Abfallkategorie mit rund 308.800 Tonnen ist jene der -Altstoffe. Gemeinsam mit biogenen Abfällen (269.000 Tonnen) bilden diese auch den größten Teil des wiederverwertbaren Abfalls, der stofflich verwertet oder recycelt wird. Restabfälle stellen mit einer Menge von 203.500 Tonnen aber keinesfalls eine untergeordnete Rolle dar. Hier ist noch enormes Reduktionspotenzial, da immer noch sehr viele biogene Abfälle oder Altstoffe fälschlicherweise im Restabfall landen.“ Besonders groß ist die anfallende Müllmenge in Linz, wie eine Auskunft der Linz AG belegt: In der Landeshauptstadt wurden 2023 rund 84.000 Tonnen Abfälle gesammelt. Um diese Menge zu bewältigen, ist ein enormer Aufwand notwendig: Im Stadtgebiet stehen allein für Restabfälle rund 24.700 Behälter zur Verfügung. Insgesamt gibt es 63.000 aufgestellte Abfallbehälter. Darüber hinaus tragen im Stadtgebiet auch die 380 Altstoffsammelstellen und vier Altstoffsammelzentren maßgeblich zur richtigen Trennung, zu einer Erhöhung der Recyclingquote und damit zu einer funktionierenden Kreislaufwirtschaft bei.
Wertschöpfung sichern
Mit einer Recyclingquote von 12,8 Prozent liegt Österreich zwar über dem EU-Durchschnitt, doch es besteht noch erheblicher Handlungsbedarf, um das von der Politik geforderte Ziel von 18 Prozent bis 2030 zu erreichen. „Die -Menge des aus Recycling verarbeiteten Materials muss bis 2030 deutlich anwachsen. Damit sorgen wir für Rohstoffsicherheit und verlagern immer mehr Wertschöpfung nach Österreich“, so Harald Hauke, Vorstandssprecher der ARA AG.
Problem der „Fast Fashion“
Dass die Abfallwirtschaft ein Sektor ist, der in den kommenden Jahren einen großen Wandel erleben wird, steht auch für Landesrat Kaineder fest: „Kreislaufwirtschaft bedeutet Ressourceneffizienz und besseres Produktdesign, Abfallfraktionen werden sich etwa durch die Einführung des Pfands ändern, Stoffströme neue Verwertungen finden. Kreislaufwirtschaft heißt auch, weniger neue Ressourcen zu verbrauchen, weniger Umweltzerstörung und Ausbeutung.“ Damit wird für den Landesrat Abfall, besonders aber die ordnungsgemäße Entsorgung und ein hochwertiges Recycling, in den nächsten Jahren an Bedeutung gewinnen. Dabei gibt es aber einige Dinge zu beachten, wie er erklärt: „Große Herausforderungen, wie etwa der aktuelle Trend zur ‚Fast Fashion‘‚ wo Billigstkleidung eingekauft und rasch wieder entsorgt wird, treiben die Abfallmengen in die Höhe. Komplexe Zusammensetzungen unterschiedlicher Produkte erfordern noch bessere Sortier- und Verwertungstechniken, die mit hohem finanziellem Aufwand verbunden sind. Teuer wird es auch, wenn durch unsachgemäß entsorgte Batterien Brände entstehen, die ganze Lagerhallen vernichten. Der wahre Wert der Abfallwirtschaft liegt in der Schonung der Ressourcen, dem Schutz der Umwelt und dem Erhalt der Lebensqualität.“
Schutz des Lebensraums
Da das Recycling nach Ansicht der Experten eine immer wichtigere Rolle für die Gewinnung von Rohstoffen einnehmen wird, stellt sich noch die -Frage, ob Müll in Zukunft noch zu einem besseren Geschäft wird. Für die Linz AG gibt es darauf keine einfache beziehungsweise keine eindeutige Antwort, wie es auf Anfrage heißt: „Es wird auf die Entwicklung der Kreislaufwirtschaft im Allgemeinen und damit verbunden auf die Entwicklung eines Sekundärrohstoffmarktes ankommen. Grundsätzlich wäre eine positive Entwicklung des Sekundärrohstoffmarktes zu begrüßen, um die Investitionen in die dafür erforderlichen Kreislaufwirtschaftsanlagen und damit die Ressourcenschonung und den Klimaschutz voranzutreiben. Der Linz AG ist in diesem Zusammenhang auch eine Gesamtsicht der Dinge wichtig: „Eine funktionierende und hochwertige Müllentsorgung leistet einen wertvollen Beitrag für den Schutz unseres Lebensraums, wirkt sich positiv auf die Gesundheit von Mensch und Natur aus und trägt so zum Klima- und Ressourcenschutz bei. Ein sauberes Stadtbild stärkt die Lebensqualität und unterstützt auch in touristischer Hinsicht. Als gemeinwirtschaftlich geführtes Unternehmen im Eigentum der Stadt Linz (Stadt Linz Holding GmbH), liegt der Fokus nicht auf kurzfristigen Gewinnen, sondern auf einer dauerhaften Absicherung der Abfallsammlung und -behandlung.“