Spin-offs mit Geld-zurück-Garantie
Nutzen Sie einen HP-Computer oder -Drucker? Steckt in Ihrem Auto eine Bose-Soundanlage? Vielleicht haben Sie ja einen Qiagen-Coronatest gemacht, oder sich mit einem Biontech-Wirkstoff dagegen impfen lassen? Hinter all diesen Erfolgsgeschichten stecken Spin-offs bzw. akademische Startups, und die sind in diesem Lande Mangelware, wie eine von Investor Hermann Hauser, CEO von eQenture und der Investment GmbH I.E.C.T., ins Leben gerufene Initiative „Spin-off Austria“ aufmerksam macht. Hauser und seine Mitstreiter organisierten im letzten Jahr die Spin-off Austria Conference, in der die Biontech-Gründerin Özelem Türeci die Key Note hielt. Zentraler Satz: „Bei der Gründung kamen Dinge auf uns zu, die für Wissenschaftler Riesenhürden darstellen: Management, Geschäftsmodell, Finanzierung. Alles Neuland.“ Damit definiert Türeci fast „unabsichtlich“ ein akademisches Spin-off. Es sind kommerzielle Unternehmen, die aus einer akademischen Einheit bzw. aus einem konkreten Forschungsergebnis oder einem daraus abgeleiteten Patent heraus gegründet werden, und sie sich am Markt beweisen müssen. Gewinne fließen dabei zum Teil wieder in den Wissenschaftsbetrieb und finanzieren diesen mit. Das Potenzial ist riesig, findet auch „Spin-off Austria“ und will daher bis 2030 1.000 solcher Spin-offs initiieren. Doch wo stehen wir aktuell?
Von 146 auf 1.000 bis 2030?
Auch das wollte „Spin-off Austria“ wissen und erstellte das Spin-off Dashboard. 51 österreichische Universitäten, Fachhochschulen und Forschungszentren wurden eingebunden. Es gibt erstmals Auskunft darüber, wie viele es in Österreich gibt. Die Zahlen sind ernüchternd: 44 „echte Spin-offs“ und 102 akademische Startups weist es aus (Stand 2021). Die Zahl des Dashboards, 146, ist dabei kein Ruhmesblatt. Eine der führenden Spin-off-Hochburgen Europas, die ETH Zürich, hat alleine rund 500 Spin-offs hervorgebracht.
Was die Schweiz besser macht
Die Schweizer untersuchten die Entwicklung ihrer Spin-offs an der führenden technischen Hochschule akribisch. Das Ergebnis: 92,9 Prozent aller Spin-offs sind nach fünf Jahren noch am Markt. Dieser „Valley of Death“-Wert liegt bei vergleichbaren Startups nur bei 11 Prozent. Jedes der 145 untersuchten Spin-offs schuf etwa 30 Arbeitsplätze im Schnitt, doppelt so viele wie durchschnittliche Schweizer Startups. Auch gibt es keine oft befürchtete „Fahnenflucht“ und damit die Abwanderung von heimischem Know-how. 95 Prozent aller Spin-offs der ETH sind nach wie vor in der Schweiz tätig. Der Unternehmenswert aller rund 500 Spin-offs der ETH liegt bei zehn Milliarden Franken und bietet so exzellente Anlagemöglichkeiten. Der „Money Multiple“-Faktor liegt bei 3,6. Geld, das auch in die ETH zurückfließt und so die Qualität der Forschung in Zürich weiter steigert, etwa bei Exits, die häufiger auftreten als bei eidgenössischen Startups. Das alles ist kein Zufall, sondern seit Jahren gelebte Kultur. Rund 30 neue Spin-offs werden Jahr für Jahr in Zürich „geboren“. Der Frauenanteil ist mit 8 Prozent noch ausbaufähig, weshalb die Eidgenossen sofort ein eigenes Förderprogramm ins Leben riefen.
Rückflüsse ins Budget erwirtschaften
Für Markus Manz, Chef des SCCH in Hagenberg – und großer Fan von Spin-offs –, ist das kein Wunder, sondern Teil der ETH-Kultur. „An britischen oder US- Unis bzw. an der ETH produzieren Spin- offs skalierbare Rückflüsse und erwirtschaften so einen signifikanten Teil ihres Budgets. In Österreich müssen Bund und Länder alle Gelder stemmen.“ Das scheint das Grundproblem zu sein. Hierzulande denkt man mehr in Forscherkategorien, wie auch Manz bestätigt: „Ist ein Forschungsprojekt zu Ende, findet man mit Glück einen Firmenpartner, sonst landet es in der Schublade. Es bleibt dabei nur Kompetenzaufbau, aber kein Rückfluss. Wenn man rigoros in Geschäftsmodellen denkt, dann denkt man von Beginn an daran, wie man seine Ergebnisse verwerten kann.“ Geschieht das nicht, bleibt am Ende im besten Fall ein Produkt, das man lizensieren kann. In den allerwenigsten Fällen entsteht daraus ein Spin-off.
Gründen liegt nicht in unserer (Forscher-)DNA
Woran hapert es dann? Zum einen daran, dass Österreich kein Gründerland par excellence ist. Die TU Graz hat erhoben, dass nur rund 10 bis 15 Prozent ihrer Absolventen bereit wären, ein Unternehmen zu gründen. Zum anderen am Wissenschaftsbetrieb an sich. Für Investoren sind klassische Startups scheinbar „cooler“. Forscher sind tendenziell mit ihrer Thematik beschäftigt und haben kaum einen betriebswirtschaftlichen Fokus, dabei wären Spin-offs auch für sie interessant. Sie könnten am akademischen Unternehmen beteiligt werden, sei es in Form von virtuellen Shares oder klassischen Anteilen. Um das Ziel der 1.000 Spin-offs bis 2030 zu erreichen, müsste man, so die Initiative, akademische Einrichtungen dazu verpflichten. Universitäten in Großbritannien oder den USA müssen einen großen Teil ihres Budgets extern verdienen. Je höhere die Spin-off-Rate, desto mehr kann in den Wissenschaftsbetrieb investiert werden. In diesen Ländern kommt die starke Bindung von Unternehmern zu den Einrichtungen dazu. Sie stellen sich als Gründer zur Verfügung. Auch in Österreich ist das der Fall. Etablierte Unternehmer stellen ihr marktwirtschaftliches Know how zur Verfügung und fungieren (noch) selten, aber doch als CEOs der Spin-offs. Auch das will „Spin-off Austria“ erreichen. Spätestens 2030 wird man sehen, ob die Initiative Erfolg hatte. Für den Wirtschaftsstandort ist das zu hoffen.