Doris Hummer: "Es braucht ein neues Miteinander"
CHEFINFO: Der Aufschwung muss heuer noch warten. Was heißt das für Betriebe?
Doris Hummer: Österreichs Wirtschaft steckt in einer Rezession und Oberösterreich ist mit seiner Industrie und Bauwirtschaft besonders betroffen. Auch für das nächste Jahr sind die Aussichten nicht rosig. Das ist keine gute Nachricht für unsere Betriebe, von denen viele im Export tätig sind. Wir haben im internationalen Vergleich zu hohe Arbeitskosten und eine zu hohe Steuer- und Abgabenquote. Es muss rasch gegengesteuert werden mit einer Senkung der Lohnnebenkosten und einer Investitionsprämie.
Im Herbst sind Neuwahlen. Kann diese Regierung noch etwas bewegen?
Hummer: Ich hätte noch viele Wünsche an die Regierung, aber ich bin natürlich Realistin. Es ist vielleicht gar nicht so klug, wenn jetzt noch Gesetze beschlossen werden, die ja unter anderen Voraussetzungen zustande gekommen sind.
Der Zusammenhalt der türkis-grünen Koalition war zuletzt sehr brüchig. Vor allem die Grünministerin Leonore Gewessler zog sich den Zorn der ÖVP zu, weil sie der EU-Renaturierung im Alleingang zustimmte. Sie sagt, sie handelt für künftige Generationen. Hat sie nicht recht?
Hummer: Als gewählte Politikerin ist es nicht ihre Aufgabe, zu protestieren. Sie hat einen Auftrag zu erfüllen, den sie vom Volk beziehungsweise vom Bundespräsidenten erhalten hat. Sie hat daher weder ihrer Partei noch sich selbst einen Dienst erwiesen. Bürger erwarten sich von Politikern, dass sie Vor- und Nachteile abwägen und gemeinsam zu einem Ergebnis kommen. Wenn das jedes Regierungsmitglied machen würde, hätten wir Chaos im Land.
Warum sind gerade Klima- und Umweltschutz so oft ein Streitfall? Tut sich die Wirtschaft damit schwer?
Hummer: Das Gegenteil ist der Fall. Der Wirtschaftsstandort Oberösterreich profitiert zum einen von den hier entwickelten Umwelttechnologien, im Bereich Biomasse sind wir sogar Weltmarktführer. Zum anderen ist der ökologische Wandel ohne Wirtschaft nicht machbar. Nehmen Sie das Beispiel voestalpine AG. Der Stahlkonzern ist Österreichs größter CO2-Emittent, der mit seinen klimaschonenden Elektrolichtbogenöfen massiv an Treibhausgasen einsparen und künftig grünen Stahl erzeugen will. Aber das geht nicht von heute auf morgen. Dafür braucht es verlässliche Politik und klare Rahmenbedingungen. Und da sind solche Dinge, die jetzt passiert sind, Gift für den Wirtschaftsstandort. Die wichtigste Währung der Politik ist Vertrauen.
Die EU treibt den „Green Deal“ mit Verordnungen voran. Was sind die Folgen für Unternehmen?
Hummer: Mit der ökologischen Transformation füttert die Europäische Union ein Bürokratie-Monster. Unternehmen werden mit vielen neuen Berichtspflichten wie dem Lieferkettengesetz belastet. Das sind klare staatliche Aufgaben. Die dahinterstehenden Ziele, Umweltverschmutzung und Kinderarbeit in anderen Erdteilen einzudämmen, sind begrüßenswert. Kein Unternehmen will das, aber die Dokumentationspflichten sind völlig überzogen. Sie öffnen auch dem Greenwashing Tür und Tor, weil in diesem Papierkrieg bloß ein Zertifikat zählt, bei dem man am Ende nicht genau weiß, was es wirklich wert ist. Es braucht einen Kurswechsel in Brüssel, aber auch bei uns nach der Nationalratswahl. Es braucht ein neues Miteinander, um die Herausforderungen zu bewältigen.
Wo stehen heimische Unternehmen in puncto Nachhaltigkeit?
Hummer: Sie sind ganz vorne dabei. Es gibt keinen Industriestandort weltweit, wo man sauberer produzieren kann. Mehr als 90 Prozent der Firmen sind Familienunternehmen, die Nachhaltigkeit bereits in ihrer DNA verankert haben. Sie wollen ihren Kindern Betriebe übergeben, die zukunftsfähig sind und etwas Positives zur Region oder zum Ort beitragen. Gegen eine Spaltung verwehre ich mich. Wirtschaft sind wir alle. Sobald ich einkaufen gehe, bin ich Teil der Wirtschaft. Und das ist gut so.
Sie haben am Standort das neue Haus der Wirtschaft eröffnet. Was erwarten Sie sich?
Hummer: Mit dem Umbau haben wir architektonisch nur sichtbar gemacht, was wir jetzt seit 2017 leben und anders machen. Wir wollen uns für alle öffnen und die Räume, den neuen Loungebereich sowie das Lokal zum Netzwerken und Treffen nutzen. Wir wollen Jungunternehmer und mit dem Talentspace vor allem Schüler erreichen.