Bischofsvikar Johann Hintermaier im Interview
Der geplante Bildungscampus am Linzer Freinberg ist das größte Bauvorhaben der Kirche in Österreich. Was ist der aktuelle Stand?
Der in den 1970er-Jahren von Franz Riepl errichtete Stahl-Glasbeton-Bau ist eine architektonische Besonderheit. Das gesamte Gebäudeensemble steht unter Denkmalschutz. Wir können noch nicht den Einreichplan einbringen, weil bei vielen baulichen Details noch nicht geklärt ist, was wir verändern dürfen und was nicht. Ein Beispiel ist das Hallenbad. Dürfen wir die Räumlichkeiten künftig als Bibliothek nutzen oder nicht? Ist es erlaubt, Änderungen an Fenstern oder am Mauerwerk durchzuführen? Wir versuchen, die Fragen in Projektetappen mit dem Denkmalamt abzuklären und mögliche Mehrkosten zu eruieren.
Wie reagiert das Denkmalamt?
Wir sind im guten Gespräch. Eine der großen Herausforderungen ist es, diesen wertvollen Bau nicht nur als Denkmal zu sehen, sondern als Bildungseinrichtung. Wenn unerwartete Hürden unverhältnismäßig hohe Mehrkosten verursachen, dann stirbt das Projekt. Wir haben ein Budget und einen Kostenspielraum, den wir nicht überschreiten dürfen.
Welche Bedeutung hat das Bauvorhaben für die Kirche?
Mit diesem Projekt betreten wir Neuland. Wir gehen damit ein unternehmerisches Risiko ein, weil trotz Förderungen von Land und Bund den Löwenanteil der Kosten die Kirche zu tragen hat. Wir gehen auch neue Wege in der Finanzierung und die Diözese plant, eine Stiftung für Bildung, Wissenschaft und Forschung einzurichten. Damit wollen wir insbesondere Menschen aus der Wirtschaft motivieren, uns in diesen Bildungsanliegen zu unterstützen.
Welche Summen planen Sie, damit einzusammeln?
Für die Sanierung benötigen wir zusätzliche Drittmittel von ungefähr 20 Millionen Euro. Und für den laufenden Betrieb ist uns jeder Euro wertvoll.
Warum braucht es einen „Campus der Zukunft“?
Weil so ein Ort der Begegnung, an dem unterschiedliche Generationen an einem Campus lernen und studieren, einmalig ist und eine immer größer werdende Lücke füllt. Ein Bildungsangebot mit Tiefgang verbunden mit einer Rückbesinnung auf das Menschliche ist das Gebot der Stunde. Wir wollen keinen Bildungsaktionismus betreiben, sondern aus einer tiefen Überzeugung heraus Menschen begleiten, Talente entwickeln, Inputs zu geben und zum Denken anregen.
Unternehmer mögen sich fragen: Was hat die Wirtschaft davon?
Gerade in Betrieben ist die Erkenntnis in den letzten Jahren gewachsen, dass die ethische und die menschliche Komponente wichtig ist. Sinnstiftende Arbeit gewinnt zunehmend an Wert. In den komplexen Verflechtungen der globalen Wirtschaft frage ich mich manchmal, ob es da um den Menschen geht. Auch für Manager ist es ein wichtiger Wert, am Abend ruhig einzuschlafen, im Wissen, ihr Bestes getan zu haben. Deshalb denke ich, dass die Ausbildung im humanwissenschaftlichen Bereich eine wichtige Komponente ist.
Die Kirche war früher Gestaltungsmacht. Ist so ein Projekt auch ein Statement in diese Richtung?
Dass wir uns im Bildungsbereich engagieren, ist durchaus kontrazyklisch. Es ist uns auch allen bewusst, dass wir ganz gezielt Gesellschaft und Kirche aktiv mitgestalten wollen. Es ist auch ein Wagnis. Man fragt sich: Funktioniert es, wird es angenommen? Man muss schon auch ein Stück Mut haben. Und Mut gehört zu den Gaben des Heiligen Geistes.
Der Campus der Diözese als Leuchtturmprojekt?
Ein absolut treffender Vergleich, weil der Leuchtturm nicht das Ziel der Reise ist. Er hilft mir, durch Klippen durchzukommen, Grenzen und Gefahren zu erkennen, er gibt Orientierung. Bildung ist Orientierungs- und Entwicklungshilfe, damit ich mit dem Schiff des Lebens oder jenem der Kirche, gut vorankomme.