Anleger wollen es weiter grün
Marion Morales Albiñana-Rosner findet zur Nachhaltigkeit klare Worte. „Aus unserer Sicht ist Nachhaltigkeit das Erfolgsmodell der Zukunft“, sagt die Vorständin Wealth Management and Private Banking der UniCredit Bank Austria und schiebt einen bildlichen Vergleich hinterher: „Dieser Zug nimmt immer mehr Fahrt auf.“ Und das gilt offenbar nicht nur für die Nachhaltigkeitsvorgaben aus Brüssel, sondern gleichermaßen für das Interesse an Green und Sustainable Finance. „Nachhaltige Investmentmöglichkeiten gewinnen insbesondere bei jungen Menschen immer mehr an Bedeutung“ sagt die Betriebswirtin, die seit April 2022 im Management Board der Bank sitzt und eine überzeugte Anhängerin von Sustainable Leadership ist. Da passt es gut, dass nachhaltige Investments für ihren langjährigen Arbeitgeber „eine hohe strategische Bedeutung haben“. Denn Nachhaltigkeit sei das neue „New-Normal“, und das werde auch in Zukunft so bleiben, prognostiziert Albiñana-Rosner.
Brüssel sorgt für einheitliche Standards
Zudem stünden „ESG-Investments bezüglich Performance anderen Veranlagungsformen in nichts nach“. Und das offenbar vor allem auf längere Sicht. So seien Unternehmen, die sich nachhaltig orientieren, resilienter und würden damit „mittel- bis langfristig einen strategischen Vorteil gegenüber Unternehmen haben, die es nicht sind“. Bleibt die Frage, wie die Banken erkennen, welche Investments auch tatsächlich nachhaltig sind. Hier kommt die Europäische Union mit ihren Vorgaben ins Spiel. Albiñana Rosner zufolge sorgen die Gesetzgeber in Brüssel für einheitliche Standards, „die im Rahmen der EU-Taxonomie laufend nachgeschärft werden“. Die Top-Bankerin findet dieses Vorgehen aus Brüssel wichtig und notwendig: „Diese Regeln leisten einen Beitrag zu mehr Transparenz und Vertrauen, indem sie Standards für die gesamten Finanzen und einen Kriterienkatalog definieren.“ Dadurch sei klar, welche Investitionen als nachhaltig und „grün“ gelten dürfen und welche nicht.
„Impact“ bei vielen wichtiger als Rendite
Diese Klarheit ist auch jenen Anlegern wichtig, mit denen Lisa Metz ner vom Umweltcenter der Raiffeisenbank Gunskirchen zu tun hat. „Diese Kundinnen und Kunden möchten ausschließlich nachhaltig investieren“, erklärt Matzner, die von der Österreichischen Gesellschaft für Umwelt und Technik (ÖGUT) als Expertin für nachhaltige Veranlagungen zertifiziert wurde. Die Rendite stehe bei diesen Anlegern nicht im Vordergrund. „Vielmehr ist es der Impact, den sie durch das Investment erzielen wollen.“ Weshalb diese Kunden auch „sehr sensibel sind, was Green Washing betrifft“. Mitarbeiter des Umweltcenters müssten daher „in der Beratung sehr umfassend und mit fundierten Informationen arbeiten“. Überzeugungsarbeit zugunsten nachhaltiger Investments hingegen müsse man nicht leisten. Im Gegenteil: Die Kunden fordern mehr, als der Markt hergibt, deutet Matzner an und verweist auf eine zu geringe Auswahl an sogenannten Artikel-9-Fonds. Dabei handelt es sich nach Angaben ihres Kollegen Dominik Bachler, Prokurist bei Raiffeisen Gunskirchen und Leiter Private Banking, um Fonds, die als „streng nachhaltig“ eingestuft werden. Es sei „positiv erkennbar“, dass immer mehr dieser Fonds „auf den Markt drängen“, zumal dies von den Kunden verlangt und gefordert werde.
Erhöhte Nachfrage nach ESG-Fonds
Anders sehe es bei denjenigen Fonds aus, „die nach der EU-Offenlegungsverordnung als sogenannte Artikel-8-Fonds einzustufen sind, weil hier der Level der Nachhaltigkeit stark variiert, aber zumindest bei 50 Prozent liegt“. Diese Fonds würden „kundenseitig kritisch betrachtet“. Insgesamt beobachtet aber auch Bachler ganz klar „eine deutlich erhöhte Nachfrage von ESG-Fonds“ – was aber auch an der verpflichtenden Abfrage jedes Veranlagungskunden im Anlegerprofil liege. Dabei werde erfragt, „ob Nachhaltigkeitspräferenzen bestehen und ob Negativkriterien, die sich belastend auf die Umwelt auswirken, für Wertpapierveranlagungen ausgeschlossen werden sollen“. Denjenigen Kunden, die über Fonds tatsächlich grün investieren wollen, sei „Transparenz in der Fondsgestaltung und der damit verbundene positive Umwelteffekt besonders wichtig“. Wie ertragreich der Fonds ist, sei hingegen „derzeit noch sekundär“. Der Fokus liege derzeit „primär auf sozialen und umwelttechnischen Maßnahmen, gepaart mit vorbildlicher Unternehmensführung“.
Breite Risikostreuung nicht immer möglich
Und dann hat Bachler auch noch einige Zahlen parat, die das Interesse an Green und Sustainable Finance am Beispiel der eigenständigen Raiffeisenbank Gunskirchen eindrucksvoll belegen. Demnach liegt die Nachhaltigkeitspräferenz im Private Banking bei 67 Prozent. Auf der Ebene der gesamten Bank liege sie bei 61 Prozent, ergänzt er. „Das heißt, dass zwei Drittel aller Kundinnen und Kunden ein hohes Interesse daran haben, in Wertpapiere-Veranlagungen zu investieren, die als nachhaltig eingestuft werden.“ Dieses hohe Interesse nimmt auch Vorständin Albiñana-Rosner von der UniCredit Bank Austria wahr: „Das Thema Nachhaltigkeit spielt heute auch deswegen eine so zentrale Rolle in unserer Unternehmensstrategie, weil es eine klare Erwartungshaltung gibt.“ Diese Erwartungshaltung gebe es eben nicht nur vonseiten der Politik und auch der Aufsichtsbehörden, sondern auch „vonseiten unserer Kunden und Investoren“. Sie rate allerdings dazu, bestimmte Grundsätze zu beachten: „Wie generell beim Veranlagen ist es wichtig, nicht aktionistisch zu agieren, eine fundierte Strategie zu haben und diese durchziehen.“ Auch bei nachhaltigen Investments gelte: „Ein stark diversifiziertes Portfolio und ein langfristiger Anlagehorizont schützen am besten vor den Risiken der Kapitalmärkte.“ Bachler zufolge ist die breite Risiko- und Ertragsstreuung indes noch nicht bei allen grünen Fonds möglich. So könnten bei den Artikel-9-Fonds „die sekundär betrachteten Ertragserwartungen nicht ganz erfüllt werden“. Aus einem einfachen Grund: „Es sind derzeit noch zu wenige Unternehmen als streng nachhaltig eingestuft.“