Tierleid: Die fünf schlimmsten Fälle 2022
Im zum Ende gehenden Jahr 2022 war die Tierschutzombudsstelle Wien mit rund 1.400 Fällen befasst. Neben Anfragen und Meldungen zu vermuteten Missständen beschäftige die Experten auch ganz konkrete Übertretungen des Tierschutzgesetzes. Für ihren Rückblick hat die Wiener Tierschutzombudsfrau Eva Persy fünf Geschichten ausgewählt, die ihr in besonderer Erinnerung geblieben sind. „Die Fälle zeigen leider, dass Unwissen, Verantwortungslosigkeit und Überforderung immer wieder zu großem Tierleid führen“, so Persy. „Gleichzeitig stimmt es mich froh, dass es so viele empathische Mitmenschen gibt, die Handlungsbedarf erkennen und sich für die Tiere einsetzen, indem sie die Polizei, die Behörden oder uns informieren.“
Fall 1: Krankhaftes Tier-Sammeln
Schreckliche Bilder lieferte im Sommer ein Fall von Animal Hoarding, dem krankhaften „Sammeln“ von Tieren. Nach einem Hinweis aus waren einer Wienerin zahlreiche verwahrloste Kaninchen und Vögel abgenommen worden. Bei den nachfolgenden Kontrollen fand die Veterinärbehörde immer wieder neue Tiere vor – zuletzt auch mehrere Reptilien. Auf den Hinweis, dass eine Haltung von Reptilien ganz speziellen Anforderungen erfüllen müsse, antwortete die Halterin, dass sie sich halt neue kauft, wenn diese „eingehen“.
„Animal Hoarding ist eine psychische Krankheit, die auch mit entsprechenden Therapien nur schwer in den Griff zu bekommen ist“, sagt Eva Persy. „Bitte helfen Sie den Tieren, indem Sie rechtzeitig Meldung erstatten, wenn Sie solche Tendenzen in Ihrem Umfeld wahrnehmen. Als Ansprechpartner stehen sowohl die Veterinärbehörde als auch wir zur Verfügung!“
Fall 2: Gekipptes Fenster als Todesfalle
Der Sturz von Fenster oder Balkon zählt für Wohnungskatzen zu einer der häufigsten Verletzungsursachen. Was manche Halterinnen und Halter leider vergessen: Auch ein gekipptes Fenster kann schnell sehr gefährlich werden. So geschehen heuer in der Wiener Leopoldstadt, wo die Feuerwehr eine eingeklemmte Katze barg – noch lebend, jedoch in so schlechtem Zustand, dass sie im TierQuarTier Wien aufgrund ihrer schweren Verletzungen eingeschläfert werden musste. „Jeder Haushalt steckt voller Gefahren für die geliebten Vierbeiner – ob es die ungesicherten Fenster für die Katzen, bestimmte Lebensmittel für Hunde oder frei zugängliche Kabel für Nager sind. Es ist wirklich wichtig, dass diese erkannt und beseitigt werden, um Leid für Tier und Mensch zu vermeiden“, appelliert Persy.
Fall 3: Verkauf: Welpen in Boxen gepfercht
In der Juli-Hitze wollte ein Deutscher auf Durchreise auf offener Straße vier Schäfermischlingswelpen – eingepfercht in die viel zu engen Kisten, ohne Wasser, ohne Futter – an das Herrl und Frauerl bringen. Eine aufmerksame Passantin beobachtet die Situation und alarmiert die Polizei. Die Rettung konnte den illegalen Handel gerade noch rechtzeitig vereiteln und die Welpen vor dem Hitze-Tod retten. Die Tiere wurden umgehend ins TierQuarTier Wien geführt. „Der Mann hat später angegeben, dass er auf seinem Zwischenstopp in Wien bereits den ganzen Vormittag versucht hatte, die Welpen beim Gasometer zu verkaufen“, sagt Eva Persy. „Dass niemand darauf eingegangen ist, stattdessen eine Passantin die Polizei informiert hat und die Wiener Behörden die Hunde sogleich ab- und in ihre Obhut genommen haben, zeigt, wie sensibilisiert weite Teile der Gesellschaft bereits für den Schutz und das Wohlergehen von Tieren sind. Das macht uns sehr froh.“
Fall 4: Kein Tropfen Wasser für die Schildkröte
Reptilien leben und leiden lautlos. Im Fall einer Wasserschildkröte, die im November aus einer Wiener Wohnung geholt wurde, sei der lebensrettende Hinweis auf das zurückgelassene Tier gerade noch rechtzeitig gekommen, wie die Tierschutzombudsstelle Wien meldet. Das Aquarium sei bereits ausgetrocknet, die Schildkröte seit mindestens einer Woche unversorgt und dehydriert gewesen. „Gerade bei exotischen Tieren herrscht oftmals eine falsche Vorstellung davon, wie aufwändig die artgemäße Haltung und Pflege ist“, sagt Persy.
Fall 5: Urlaub: Katze Suri allein vor dem Haus
Zwei Wochen lang waren die Besitzer von Suri verreist. Die Freigängerkatze wurden in dieser Zeit sich selbst überlassen –vor der Haustür, ganz ohne Versorgung. „Katzen mögen zwar vom Naturell her vielleicht so wirken, als würden sie uns Menschen nicht wirklich brauchen, und besonders Freigänger gehören sicherlich zu den unabhängigeren Heimtieren. Das entbindet die Halterinnen und Halter jedoch keinesfalls von ihrer Verantwortung fürs Tier“, betont Eva Persy.
Wer einen Missstand in der Haltung von Tieren vermuten oder Zeuge von Tierleid wird, sollte nicht zögern und sich an die jeweils zuständige Veterinärbehörde und/oder die Tierschutzombudsstelle des jeweiligen Bundeslandes wenden. In Wien nimmt die MA 60 – Veterinäramt und Tierschutz Meldungen von Verstößen gegen das Tierschutzgesetz entgegen. Bei der Tierschutzombudsstelle Wien können Meldungen auch anonym erfolgen.