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Expertenrunde beim Internationalen Forum für Wirtschaftskommunikation (IFWK)
Rudolf Melzer, Isabella Mader, Michael Ingerisch, Gabriela Straka , Doris Pokorny, Bernhard Sonntag, Marlene Halikias
Rudolf Melzer, Isabella Mader, Michael Ingerisch, Gabriela Straka , Doris Pokorny, Bernhard Sonntag, Marlene Halikias
Melzer PR/Kührer

Debatte zur EU-Nachhaltigkeitsberichterstattung

04.07.2024 um 13:19, Rudolf Grüner
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Internationales Forum für Wirtschaftskommunikation: Experten präsentierten praxisorientierte Ansätze zur Umsetzung und Wege zur Vereinfachung der Verwaltung.

Die „EU-Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung“ (CSRD) muss bis zum 6. Juli 2024 in nationales Recht umgesetzt werden. Sie verlangt, dass Unternehmen ihre Nachhaltigkeitsberichte im Lagebericht des Geschäftsberichts veröffentlichen, was zusätzlichen bürokratischen Aufwand und mehr Verantwortung für Geschäftsführung, Aufsichtsrat und Unternehmenskommunikation bedeutet. Das Internationale Forum für Wirtschaftskommunikation (IFWK) diskutierte dazu die Grundlagen des Reportings und der Prüfung, Erfahrungen aus der Praxis und geeignete Softwarelösungen.

Marlene Halikias, Partnerin bei Grant Thornton in Österreich, betonte die Bedeutung der Wesentlichkeitsanalyse, die es Unternehmen ermöglicht, relevante Themen und Datenpunkte zu identifizieren. Sie empfahl, diese Analyse auf möglichst wenige wesentliche Themen zu beschränken. "Man betrachtet dabei sowohl finanzielle Effekte als auch die Auswirkungen auf die Umwelt", erklärte sie.

Reporting: Software-Unterstützung

Neu ist, dass diese Angaben künftig von Wirtschaftsprüfern geprüft und standardmäßig einem Berichtsformat zugeordnet werden müssen. Michael Ingerisch, Associate Partner bei IBM Consulting, wies darauf hin, dass Unternehmen je nach Umsatzgröße bis zu 1.200 Datenpunkte berücksichtigen müssen. Hierfür biete die Software "Envizi" eine effiziente Lösung, indem sie Daten strukturiert und einen besseren Überblick schafft. "Die Plattform geht weit über die Möglichkeiten herkömmlicher Programme hinaus und unterstützt Unternehmen dabei, sich den neuen Reporting-Standards anzupassen", so Ingerisch.

Rechtliche Grundlage fehlt

Ingerisch merkte jedoch an, dass die CSRD-Richtlinie noch nicht in österreichisches Recht umgesetzt wurde, weshalb viele Unternehmen noch zögern, sich technisch vorzubereiten. Er betonte, dass Envizi nicht nur für das Reporting nützlich sei, sondern auch Mehrwert für das gesamte Unternehmen biete. "Durch Module wie die Szenarienanalyse können Unternehmen ihre Nachhaltigkeit verbessern und Kosteneinsparungen bewerten", erläuterte er und hob die Notwendigkeit hervor, die Vorteile der Plattform umfassend zu nutzen.

Einblicke in die Praxis der Nachhaltigkeitsberichterstattung gewährte Bernhard Sonntag, Leiter der Nachhaltigkeitsberichterstattung der APA und Vorstandsreferent, auf einem hochkarätig besetzten Symposium. Er sprach von den Herausforderungen und Vorteilen, die Unternehmen bei der Erfüllung von Nachhaltigkeitsanforderungen erleben. "Vom oft mühsamen Ausfüllen von Fragebögen bis zur Schwierigkeit, Management-Aufmerksamkeit für das Thema zu gewinnen, gibt es durchaus auch praktische Vorteile", erklärte Sonntag. Zu den Vorteilen zählen die Möglichkeit, die CO₂-Bilanz einzelner Produkte zu berechnen und eine fundierte Basis für Förderanträge und Ausschreibungen zu schaffen.

Sonntag betonte die Notwendigkeit der Einführung einer einheitlichen EU-Online-Plattform, dem sogenannten European Single Access Point (ESAP). "Zur Vereinfachung des alljährlichen Datensammelns wünsche ich mir die baldige Realisierung dieser Plattform", sagte er. Diese würde nicht nur den Aufwand reduzieren, sondern auch die Vergleichbarkeit der Daten massiv verbessern.

Fokussierung als entscheidender Faktor

Doris Pokorny, CFO der APA und Verantwortliche für die Nachhaltigkeitsberichterstattung in der Geschäftsleitung, ergänzte Sonntag mit einer wichtigen Beobachtung aus ihrer Erfahrung: „Unternehmen machen oft den Fehler, eine zu große Anzahl von berichtspflichtigen Themen zu identifizieren.“ Die Beschränkung auf eine überschaubare Anzahl wesentlicher Themen und KPIs sei entscheidend für eine erfolgreiche Implementierung, betonte sie. „Während das Reporting auf die Erreichung von Nachhaltigkeitszielen abzielt, müssen Maßnahmen zur Prozessverbesserung nicht sofort ergriffen werden“, stellte Pokorny klar und wies darauf hin, dass auch bei der CSRD (Corporate Sustainability Reporting Directive) nichts so heiß gegessen wie gekocht werde.

Chancen durch CSRD

Trotz der Herausforderungen bietet die CSRD auch zahlreiche Chancen. Unternehmen, die die Anforderungen der CSRD erfüllen, können ihr Image verbessern und ihre Attraktivität für Investoren, Kunden und Mitarbeiter steigern. Zudem hilft die CSRD, Nachhaltigkeitsrisiken zu identifizieren und zu managen, was Innovationen fördern kann. „Unternehmen sollten frühzeitig mit der Umsetzung beginnen und sich bei Bedarf professionelle Unterstützung holen“, riet Isabella Mader, Vorstand von Excellence Research und IFWK-Vizepräsidentin. „Jene, die Herausforderungen von der Pflicht zur Kür machen, gewinnen auch im Business“, fügte sie hinzu und zitierte aus ihrem neuesten Buch „Digitalisierung & KI strategisch einsetzen“.

Diskussion zur Kreislaufwirtschaft

Unter der Moderation von Gabriela Straka, Vorstandsmitglied bei RespACT, drehte sich eine lebhafte Diskussion um die Entwicklung einer effektiven CSR-Strategie. „Unternehmen sollten messbare Ziele und Kennzahlen für ihre Nachhaltigkeitsleistungen festlegen und regelmäßig über ihre Fortschritte berichten“, so Straka. Der Dialog mit Stakeholdern und die Nutzung geeigneter Kommunikationskanäle seien dabei essenziell, um die Nachhaltigkeitsleistungen der Öffentlichkeit zu präsentieren.

Gäste aus Wirtschaft und Wissenschaft

Diskutiert wurde unter anderem von Waltraud Kaserer, ESG-Expertin und Mitglied des IFWK-Vorstands, sowie Klaus Schmid, Geschäftsführer von Amberon. Aus der Wirtschaft nahmen NTT Austria CEO Roman Oberauer, Hagen Burkert von DS Smith, Verena Treiber von MediaMarkt, Georg Lemmerer von Schelhammer Capital, Martina Kukulka von Austrian Power Grid (APG) und Ludwig Steinbauer von PORR teil. ÖGNI-Geschäftsführer Peter Engert sowie Ferdinand Schütz und Stefan Neubauer von der Kathrein Privatbank vervollständigten die Runde.

Aus der Wissenschaft waren unter anderem IFWK-Gründer Rudolf J. Melzer, Professorin Victoria Kaiselgruber von der FH Hagenberg sowie die Autoren des neuen Buches "Strategisches Management der Nachhaltigkeit", Professor Josef Herget und Robert Bodenstein, Präsident der internationalen Consulting-Organisation ICMCI, vertreten.

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