Lorraine Huber: Free your mind
2017 gelang der studierten Betriebswirtin aus Lech mit dem Weltmeistertitel auf der Freeride World Tour ein Kapitel Sportgeschichte, heute profitiert die staatlich geprüfte Skilehrerin als Mentaltrainer und Coach von ihrem persönlichen Erfahrungsschatz.
Lorraine, du giltst als „Spätberufene“, hast dich erst nach dem Abschluss deines BWL-Studiums im Alter von 28 Jahren entschieden, im Profisport durchzustarten. Welche Erwartungen hast du an dich selber gehabt, wieviel Druck gespürt und zugelassen?
Natürlich hast du als Leistungssportlerin Druck, du musst Ergebnisse abliefern, darum geht es. Wie sehr du den Druck von außen zulässt, hängt von deiner Einstellung ab. Ich bin mit dem ganz gut klargekommen, schwieriger war es mit dem Druck, der von mir selber kam. Ich wollte schon immer die Sachen, die ich mache, gut machen, das liegt auch daran, wie wir erzogen wurden. Ich habe sehr hohe Qualitätsansprüche an mich selbst, habe über die Jahre gelernt, dass ich mir da mehr Raum geben und mich zurücknehmen muss, wenn ich wieder zu viel will. Ich hatte in Frankreich einen Contest, wo praktisch kaum Zeit für die Streckenbesichtigung war und die generelle Vorbereitung viel zu kurz ausfiel. Ich habe mir aufgrund dessen weniger Druck gemacht, sofort am Start gemerkt, dass ich wesentlich lockerer bin, das hat sich dann im Hang fortgesetzt. Das war ein Schlüsselerlebnis für mich, das unter Druck setzen war für mich bis dahin völlig normal, damals habe ich begriffen, dass ich auch ohne sehr gut sein kann.
Worauf bist du stolz?
Auf den Weltmeistertitel und dass ich in den harten Zeiten nie aufgegeben habe, mich meine vielen schweren Verletzungen nie davon abhalten konnten meinen Weg weiter zu gehen. Es gab einige Momente, wo ich das Handtuch hätte werfen können, aber das habe ich nicht gemacht. Ich habe immer daran geglaubt, dass noch mehr Potential zum Ausschöpfen vorhanden ist und konnte es am Ende auch ganz ausschöpfen - darauf bin ich stolz.
Braucht der Mensch Rückschläge, um zu sich selbst zu finden?
Ja, das wird dir jeder Sportler bestätigen. Von Rückschlägen lernt man am meisten, es ist eine Goldgrube an Erfahrungswerten, die man mitnehmen kann. Zu gewinnen ist eine angenehme Erfahrung, aber lernen tut man mehr, wenn es nicht klappt.
Wie hat sich dein Mindset im Vergleich zu früher geändert?
Geändert hat sich meine Definition von Misserfolg und Erfolg. Auch die Definition von Druck, wie man lernt mit Fehlern umzugehen. Was sich hingegen nicht geändert hat ist der Lernwille. Ich bin fasziniert vom Lernen, wollte mich schon immer fordern. Das gehört zu meiner Persönlichkeit.
Was siehst du als deine größten Stärken als Mental Coach?
Ich kann sehr gut zuhören, mich gut in Menschen hineinspüren. Jeder Mensch ist anders, es gibt kein Konzept, dass sich immer und überall anwenden lässt. In der Ausbildung haben wir um die achtzig Techniken gelernt, zu wissen wann wende ich welche an, dafür braucht es auch ein gutes Bauchgefühl - das habe ich.
Wie bist du zur Meditation gekommen?
Durch den Sport. Ich habe immer nach Möglichkeiten gesucht, um meine Leistung zu optimieren, habe erst mit dem autogenen, später mit dem Achtsamkeitstraining begonnen. Ich mache das nach wie vor, du trainierst im Prinzip deine Aufmerksamkeit auf den jetzigen Moment zu lenken. Es ist sehr bereichernd für das gesamte Leben!
Was macht dich unrund?
Hunger, Müdigkeit, Zeitdruck, oder das Gefühl nicht gut vorbereitet zu sein. Je besser ich etwas machen möchte, umso intensiver bereite ich mich darauf vor. Mit diesem Zugang bin ich Weltmeisterin geworden.
Was macht den Freeride-Sport so reizvoll?
Die Geschwindigkeit, das Gefühl von Schwerelosigkeit, wenn du über Felsen springst, du kannst Dinge machen, die du sonst nie machen kannst. Dazu kommt die Nähe zur Natur. Du beobachtest das Wetter, den Schnee, schaust dir das Gelände im Detail an, wer macht das heutzutage noch? Diese enge Verbundenheit mit der Natur fasziniert mich und macht für mich den Reiz am Freeriden aus.
Mit Geschwindigkeit assoziiert man in der Regel auch Autos – wo siehst du weitere Parallelen?
Im vorausschauenden Fahren, im Vertrauen auf seine Fähigkeiten und dem Wissen, dass du gutes Material hast, das perfekt abgestimmt ist. Genau deshalb fahre ich einen Audi.
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