Sölden: Im Visier der Klimaaktivisten
Am Wochenende beginnt in Sölden der Ski-Weltcup. Bei aller Vorfreude – immerhin wird das 30-jährige Jubiläum gefeiert – könnte die Kritik nicht größer sein. Der Grund: Die Temperaturen sind zu warm, von Schnee ist nicht viel zu sehen. Die Rennstrecke am Rettenbachferner, nicht mehr als ein weißes Band zwischen Felsen, muss mit Kunstschnee aus 22 Schneekanonen präpariert werden. Klimaschützern ist das ein Dorn im Auge. In Tirol geht die Angst vor Protestaktionen um - die Negativschlagzeilen wären perfekt.
Sölden trifft Vorkehrungen
weekend.at hat bei der Klimaschutzorganisation "Letzte Generation" nachgefragt, ob in Sölden Aktionen geplant sind. "Es ist naheliegend, dass wir etwas zum Weltcup planen, aktuell können wir aber dazu noch nicht sagen“, hat eine Vertreterin der Organisation geantwortet. Ähnlich knapp ist die Antwort der Weltcup-Organisatoren auf die Frage, ob man sich auf Proteste vorbereitet, ausgefallen. "Wir schauen uns die Themen intern an, aber nehmen hier dazu nicht in der Öffentlichkeit Stellung", heißt es von offizieller Seite. Nicht mehr und nicht weniger. Vielleicht, um nicht noch mehr negative Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Ganz unvorbereitet wird Sölden aber offensichtlich nicht in den Weltcup starten. "Der Ski-Weltcupauftakt wird, wie jedes Jahr von der Polizei überwacht", erklärt Oberst Manfred Dummer von der Landespolizeidirektion Tirol gegenüber weekend.at. Und weiter: "Wobei in Abstimmung mit den Organisatoren und der zuständigen Veranstaltungs- bzw. Sicherheitsbehörde das Sicherheitskonzept jeweils den aktuellen Gegebenheiten und Entwicklungen anpasst wird."
Aus einsatztechnischen Gründen könne man aber – verständlicherweise – nicht näher auf die Maßnahmen eingehen, heißt es aus der LPD Tirol.
Skistars stellen Sölden an den Pranger
Seit Wochen kursieren Bilder von Baggerarbeiten auf dem Gletscher. Greenpeace wirft den Organisatoren vor, dass für die Weltcup-Rennen der Gletscher abgetragen werden müsse und teilweise zerstört werde. Schützenhilfe erhalten die Umwelt- und Klimaschutzorganisationen dabei von prominenten Gesichtern. So spricht sich beispielsweise Ex-Skirennläufer Felix Neureuther für einen späteren Saisonstart aus. Auch Gesamtweltcupsiegerin Mikaela Shiffrin regt dazu an, den Weltcupkalender zu überdenken. Das lässt man in Sölden aber nicht auf sich sitzen. "Was mir wirklich weh tut, sind die Behauptungen, dass wir den Gletscher zerstören. Das ist nachweislich nicht der Fall und auch wissenschaftlich belegt", wehrt sich Jakob Falkner, Chef der Gletscherbahnen in einem Interview mit dem Kurier.
Keine Skirennen auf Gletschern
Kurz vor dem offiziellen Start in den Ski-Weltcup hat Greenpeace die Ergebnisse einer Umfrage veröffentlicht. Demnach finden 80 Prozent der Österreicher, dass der Internationale Skiverband FIS zu wenig auf Klimaschutz achtet. Man wünscht sich mehr Ambitionen, etwa einen späteren Start in die Rennsaison und den Aufbau einer nachhaltigen Infrastruktur. Fast jeder zweite Befragte spricht sich dafür aus, dass auf Gletschern keine Rennen mehr stattfinden sollten.
Kritik von Grüne und ÖVP
Auch aus der heimischen Politik hagelt es Kritik am frühen Saisonstart – und zwar nicht nur von den Grünen. "Wenn die Bilder, die transportiert werden, auch keine Schneelandschaft zeigen, ist auch das zu hinterfragen", gibt ÖVP-Abgeordneter Johannes Schmuckenschlager im Ö1-Journal zu bedenken. Noch drastischere Worte findet Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne): Die Gletscher würden uns unter den Händen wegschmelzen. Und jetzt gehe es darum, auf Biegen und Brechen auf den letzten Gletscherresten an einem Weltcup-Auftakt festzuhalten, hinterfragt Gewessler.
In Tirol fühlt man sich offenbar auf den Schlips getreten. ÖVP-Klubobmann Jakob Wolf hat über die APA ausrichten lassen, ob Gewessler "nichts anderes zu tun hat, als einen erfolgreichen Austragungsort für den Ski-Weltcup, wie es Sölden ist, zu kritisieren." Sie solle lieber Gespräche mit der FIS führen, anstatt einen "erfolgreichen Austragungsort pauschal zu kritisieren".