Martin Wetscher: Tiroler mit Wohn-Feinsinn
Die Markenvielfalt ist beeindruckend: italienische, skandinavische, österreichische oder deutsche Topmarken finden sich im Einrichtungshaus in Fügen – das sei aber nicht das Hauptkriterium für den Erfolg, wie Geschäftsführer Martin Wetscher überzeugt ist: „Die Geographie hat uns immer dazu angespornt, unser Bestes zu geben und aus dem Nachteil der Lage im Tal einen Vorteil zu machen – indem wir mit einer besonderen Leistung über die engen Grenzen hinausgewachsen sind.“ Gelungen ist dies durch einen Perspektivenwechsel: „Wir stülpen kein Schema und keinen Trend über unsere Kunden. Es geht um Individualität und Persönlichkeit, Tradition und Einflüsse von Kunst und Design. Die Breite unseres Sortiments kombiniert mit Innenarchitekturplanung und der eigenen Tischlerei sind Bausteine unseres Erfolgs“, so der Zillertaler.
Das Wohlfühl-Prinzip
In einem eigenen Ausstellungsraum namens „Sinnreich“ werden Raumstimmungen komponiert, „damit der Wohnstil mit der Persönlichkeit verschmilzt – es sollte schließlich nicht nur schön ausschauen, sondern man soll sich auch wirklich daheim fühlen“, so Wetscher. Von Spontankäufen rät er nämlich ab: „Bei Kleidung ist das nicht schlimm, aber Möbel kann man nicht einfach in den Kasten stellen, um sie nicht mehr zu sehen. Ein neues Sofa beeinflusst z.B. wie man Bilder aufhängt, die Farben der Vorhänge, den Teppich oder wo der Fernseher steht.“
Das Schlüsselmöbelstück
Welches Möbel ist nun aus Sicht des Wohnexperten das wichtigste? „Für mich persönlich ist das ganz klar der Tisch. Dieser ist wie das Facebook der Familie – selbst wenn man ständig unterwegs ist, mindestens einmal am Tag trifft man sich dort und spricht über alles, was wichtig ist.“ Die Familie wohnt übrigens direkt im angebauten Haus – am Tisch in der Stube saß bereits Wetschers Urgroßvater, hat hier Löhne ausgezahlt und Unternehmensentscheidungen getroffen. Heute trifft sich die Familie meist in der Küche, an einem Tisch aus Altholz und Eiche, und bespricht praktisch alles dort.
Wohntrends
Die virtuelle Welt hat übrigens für Wetscher ganz klar Auswirkungen darauf, wie wir wohnen: „Je virtueller die Welt wird, desto kuscheliger wird die Wohngestaltung. Echtholz, Polsterung, angenehme Materialien sind gefragt – auch im Office.“ Das zeige sich auf den großen Möbelmessen, die Wetscher jährlich zu einem Trendreport inspirieren. Technische Raffinessen und 3D-Druck sieht er darin ebenfalls im weiteren Aufwind – und auch in der Branche werde es wieder bergauf gehen. „Corona hat uns einen Push gegeben, nun leiden wir unter den multiplen Krisen. Der Bedarf an Möbeln wird sich aber wieder normalisieren.“ Hilfreich sei in Zeiten wie diesen das Know-how als Familienbetrieb: „Auch meine Großeltern haben Krisen gemeistert, teilweise sogar Särge produziert. Jede Generation hat ihre eigenen Herausforderungen – ein breiter Erfahrungsschatz ist aber sehr hilfreich.“
Familienbetrieb aus Leidenschaft
1912 gründete der Fügenberger Tischlermeister Franz Wetscher das Unternehmen am heutigen Standort. Seitdem wuchs das Unternehmen stetig. Der letzte große Schritt war 2018 die Eröffnung von Wetscher MAX im Bereich „Junges Wohnen“, die gleichzeitig das Tor in die virtuelle Welt öffnete – als erster digitaler Einrichtungsshop im deutschsprachigen Raum.
Martin Wetscher führt das Unternehmen in vierter Generation. Sohn Maximilian ist mit Wetscher MAX, der jungen Marke, seit 2018 aktiv. Mit einer Ausstellungsfläche von 8.000 Quadratmetern sind die Wohngalerien im Stammhaus in Fügen Platzhirsch im Tiroler Unterland.
Die Wetscher-Unternehmensgruppe beschäftigt mehr als 100 Mitarbeiter und setzt 30 Millionen Euro um. Alleine in der hauseigenen Tischlerei arbeiten 30 Mitarbeiter. Diese wurde in den vergangenen Jahren zu einer High-Tech-Tischlerei umgebaut, die jeden Spezialwunsch erfüllen kann. Besondere Projekte waren u.a. eine Villa auf der Palmeninsel in Dubai, ein Sportgeschäft in Tokio oder eine Bauernstube in Sizilien.