Regierungsumbruch und Klimakrisen: Christopher Drexler spricht Klartext
weekend: Sie mussten Ihr Regierungsteam gleich an zwei Positionen verändern. Wie problematisch ist das im Hinblick auf die Landtagswahlen im nächsten Jahr?
Christopher Drexler: Die Tatsache, dass Hans Seitinger aus gesundheitlichen Gründen zurücktreten musste, ist natürlich sehr unerfreulich. Ich kann ihm nur alles Gute für seinen Genesungsweg wünschen. Im Zuge seines Rücktritts habe ich viele Gespräche geführt. Unter anderem auch mit Juliane Bogner-Strauß. In diesem Gespräch sind wir übereingekommen, dass auch sie sich aus der Regierung zurückzieht.
weekend: Das hört sich mehr nach einem Rausschmiss als nach einem freiwilligen Rückzug an?
Christopher Drexler: Nachdem das ein sehr persönliches Gespräch war, will ich das gar nicht über Gebühr ausbreiten. Juliane Bogner-Strauß hatte als Gesundheitslandesrätin in den letzten Jahren zweifelsohne eine schwere Last zu tragen. Man muss respektieren, dass es manchmal gescheiter ist, sich zurückzunehmen und einer neuen Persönlichkeit mit neuen Ideen Platz zu machen.
weekend: Bis auf Landesrätin Barbara Eibinger-Miedl besteht Ihr Team nun ausschließlich aus Leuten, die Sie selbst geholt haben. Macht das die Arbeit leichter?
Christopher Drexler: Ich glaube, dass wir uns für die Zukunft sehr gut aufgestellt haben. Alle meine Regierungsmitglieder verdienen nicht nur mein Vertrauen, sondern wir vertrauen einander. Ein echtes Dreamteam.
weekend: Karlheinz Kornhäusl übernimmt das aktuell wohl schwierigste Ressort. Was erwarten Sie von ihm?
Christopher Drexler: Das ist eine Idealbesetzung aus meiner Sicht. Er verbindet zwei Dinge. Er ist Arzt aus Leidenschaft und Politiker aus Leidenschaft.
weekend: Kann er das Problem Personalmangel im Gesundheitswesen lösen?
Christopher Drexler: Grundsätzlich gilt es festzuhalten, dass wir im Gesundheitsbereich zwar Probleme haben, aber unser System immer noch eines der besten der Welt ist. Es wird das Zusammenwirken der ganzen Regierung brauchen, um die Probleme zu lösen.
"Die wichtigste Aufgabe unserer Epoche"
weekend: Machen wir einen Schritt aus der Steiermark hinaus. Sie haben im August in einem ZIB2-Interview gesagt, der Klimaschutz sei die wichtigste Aufgabe dieser Epoche. Weiß das auch der Bundeskanzler?
Christopher Drexler: Bei diesem Thema wird häufig mit Klischees und Vorurteilen diskutiert. Jeder vernunftbegabte Mensch weiß, dass der Klimaschutz die wichtigste Aufgabe unserer Epoche ist. Es ist nur die Frage, welche Lösungen bevorzugt man. Mir ist es wichtig, dass man Klimaschutz mit Wohlstand vereinen kann. Klimaschutz ist ja kein Glaubensbekenntnis, sondern es geht ganz pragmatisch um die Reduzierung des CO2-Ausstoßes.
weekend: Ja, aber was tut Österreich dafür?
Christopher Drexler: Ich kann darlegen, was die Steiermark macht. Wir haben uns etwa zum Ziel gesetzt, bis 2030 250 Windkraftanlagen zu bauen, 104 haben wir derzeit. Gleichzeitig eröffnen wir eine Photovoltaikanlage nach der anderen. Wir lassen bei diesem Thema nicht locker.
"Nicht selbst in die Spaltung reden"
weekend: Weniger locker scheint es in der ÖVP zuzugehen. Wollen wir darüber reden?
Christopher Drexler: Wenn es sich nicht vermeiden lässt (lacht gequält).
weekend: Man hat den Eindruck, dass die Volkspartei mit ihrer Positionierung zu kämpfen hat. Wo befindet sich die ÖVP im Parteienspektrum?
Christopher Drexler: Ich sehe kein Positionierungsproblem. Wir wollen eine vernünftige Politik der Mitte machen. Vernünftige Politik heißt rational begründet und mit Hausverstand abgesichert. Wir orientieren uns nicht daran, was der rechte oder der linke Rand macht und vor allem nicht an jeder Social Media-Hysterie.
weekend: Wie schwer ist es für eine Volkspartei, die doch sehr unterschiedlichen Lebenswelten eines Städters und eines Menschen, der auf dem Land lebt, zu vereinen?
Christopher Drexler: Ich glaube, wir dürfen uns die Gesellschaft nicht selbst in die Spaltung reden. Ich habe mich auch nicht gespalten, obwohl ich 49 Jahre in Graz gelebt habe und jetzt seit einigen Jahren auf dem Land wohne. Es gibt in Österreich ein sehr tragfähiges Wertekorsett, in dem es zwischen urbanem Leben und Landleben viele Überschneidungen gibt, auch wenn der eine Veganer ist und der andere hochwertiges Rindfleisch bevorzugt. Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und größtmögliche Freiheit bilden die Klammer.
weekend: Die ÖVP scheint – zumindest in den Umfragen – nicht in die Gänge zu kommen. Was muss passieren, damit Sie nächstes Jahr Rückenwind aus dem Bund haben?
Christopher Drexler: Ich gebe mich da keinen Illusionen hin.Ich gehe nicht davon aus, dass wir ähnlich starken Rückenwind wie bei den Landtagswahlen 2019 haben werden. Windstille würde mir schon reichen.