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DJ Toby Romeo |Credit: Toby Romeo
Toby Romeo

Corona-Talk mit Toby Romeo: Seniorenheim statt DJ-Pult

09.12.2020 um 12:15, Sandra Eder
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Für gewöhnlich legt er auf großen Festivals wie dem Electric Love auf, derzeit aber verbringt Toby Romeo seine Zeit mit hilfsbedürftigen Senioren. Der Salzburger DJ hat die Bühne gewechselt und nutzt die Corona-Zwangspause sinnvoll.

weekend.at: Hinter der Musik- und Kulturszene liegen harte Monate. Sämtliche Konzerte und Festivals wurden abgesagt. Wie hast du das vergangene Jahr erlebt?

Toby Romeo: Sehr ruhig – und das war gar nicht so verkehrt. Ich denke, das letzte Jahr hat neben den vielen Tiefen auch Höhen mit sich gebracht. Alles wurde entschleunigt, so hatte ich das zuvor in meinem Leben noch nie erlebt. Ich würde behaupten, ich habe diese Zeit gut genutzt, den Zusammenhalt in der Familie noch mehr gestärkt, viel Zeit im Studio verbracht, um neue Musik zu produzieren und vor allem auch an mir selbst gearbeitet. Allerdings muss ich auch sagen, dass ich mich sehr freue, wenn die Normalität wieder einkehrt.

weekend.at: Du selbst hast aus der Not dieser Zeit eine Tugend gemacht und deinen Zivildienst frühzeitig angetreten. Wo genau bist du im Einsatz und was zählt zu deinen Aufgaben?

Toby Romeo: Durch die Corona-Krise war es möglich, meinen Zivildienst vorzeitig anzutreten und meine Ausbildung zum Mediendesigner parallel abzuschließen. Der Hintergedanke dabei war, dass es meinen Einsatz und meine Kraft in dieser Zeit in anderen Bereichen dringender braucht. Aktuell bin ich in einem Seniorenwohnhaus ein paar Kilometer südlich von Salzburg tätig. Dort unterhalte ich die Bewohner, gehe mit ihnen spazieren, spiele mit ihnen und helfe bei alltäglichen Aufgaben wie Essen, Einkäufen und ähnlichem.

weekend.at: Wie kam es zu dieser Entscheidung und wie sieht dein Alltag derzeit aus?

Toby Romeo: Die Firma, bei der ich meine Ausbildung zum Mediendesigner absolviert habe, wurde auf Kurzarbeit umgestellt. Ich hätte also nur 10 Prozent meiner üblichen Stundenanzahl gearbeitet. Anstatt auf der faulen Haut rumzuliegen und mich im Lockdown zu langweilen, dachte ich mir, es wäre doch schlauer, diese Zeit gut zu nutzen und dort zu helfen, wo gerade in dieser Zeit Hilfe benötigt wird. Statt im Büro zu arbeiten, arbeite ich nun mit und für Menschen. Meine ganze Freizeit widme ich nach wie vor der Musik und meiner Zukunft.

weekend.at: Hat sich deine Einstellung zu Corona durch diese Aufgabe verändert?

Toby Romeo: Ja, das hat sie tatsächlich. Nach dem ganzen Medientrubel rund um das Thema „Covid“ und den ganzen unterschiedlichen Perspektiven und Meinungen zu dieser Krankheit, konnte ich mir selbst ein gutes Bild davon machen und mir meine eigene Meinung bilden. Ich habe täglich mit einer Risikogruppe zu tun und leider auch schon Corona-Erkrankte mit schweren Krankheitsverläufen miterlebt. Man sollte das Ganze nicht unterschätzen. Es stimmt, dass die meisten Betroffenen nur einen milden Verlauf haben, wenn man jedoch nicht zu “den meisten” gehört, ist es nicht ohne. Das wünscht man niemanden.

Mein Einsatz und meine Kraft wird derzeit in anderen Bereichen dringender gebraucht!

weekend.at: Kannst du aus dieser neuen Tätigkeit etwas für deinen DJ-Job mitnehmen?

Toby Romeo: Ich denke, aus sozialen Tätigkeiten kann man für jeden Lebensbereich etwas mitnehmen. Man profitiert sehr von den Erzählungen und Erfahrungen der Leute, diese haben doch schon ein paar Jahre mehr auf der Uhr. Ich denke, den respektvollen Umgang mit Menschen zu pflegen, ist ein Vorteil für jede Situation!

weekend.at: Wie geht es beruflich für dich weiter? Sind neue musikalische Projekte geplant?

Toby Romeo: Es ist sehr viel geplant. Ich habe die ruhige Zeit in den letzten Monaten genutzt, um mich auf den Moment vorzubereiten, wenn die Normalität wieder einkehrt. Für das nächste Jahr ist bereits einiges vorbereitet, unter anderem viele neue Remixes. Aber vor allem habe ich auch wieder eigene Songs geschrieben und produziert, die in den Startlöchern stehen. Man munkelt, dass es auch Zusammenarbeiten mit sehr erfolgreichen Künstlern geben wird (grinst).

DJ Toby Romeo |Credit: Toby Romeo

weekend.at: Welcher Song beschreibt deine derzeitige Stimmung am besten?

Toby Romeo: Das ist tatsächlich mein Remix von Felix Jaehn’s “No Therapy”! Der Song handelt von Selbstliebe und Selbstakzeptanz. Good vibes!

weekend.at: Was an deinem früheren „Alltag“ vermisst du am meisten?

Toby Romeo: Ganz klar das Reisen. Es macht mir einfach riesengroßen Spaß, viel von der Welt zu sehen und zu erleben. Außerdem freue ich mich auf den Moment, wenn man sich wieder die Hand geben und sich umarmen kann, ohne dass der Gedanke an Corona im Hinterkopf geistert.

Ich bin fest davon überzeugt, dass Konzerte oder Events wie das Electric Love Festival bereits viel früher wieder möglich sein werden, als manche jetzt vielleicht denken!

weekend.at: Gerade deine Generation treffen die Maßnahmen und Einschränkungen besonders hart – viele junge Menschen vermissen die Unbeschwertheit, das Treffen und Feiern mit Freunden. Hast du einen Tipp, wie man gut durch diese Zeit kommt?

Toby Romeo: Es gibt heutzutage zig Möglichkeiten, sich im Netz zu verabreden, Zoomcall, Houseparty, Skype oder was auch immer. Dort kann man sich ja auch mit Leuten treffen und von zuhause aus feiern. Ich will mir nicht vorstellen, wie ein Lockdown in Zeiten ohne Internet ausgesehen hätte. Ich habe zum Beispiel Songwriting Sessions, für die ich normalerweise um die halbe Welt reise, einfach ins Netz verlegt. Das funktioniert besser als gedacht!

weekend.at: Wo siehst du dich in fünf Jahren? Wird in deinen Augen zu diesem Zeitpunkt ein ausgelassenes Konzert oder ein Festival wie Electric Love wieder möglich sein?

Toby Romeo: Gute Frage! Ich glaube so konkret kann man das gar nicht sagen. Mein Ziel ist es, so viele Menschen wie möglich mit meiner Musik zu bewegen, zum Tanzen zu bringen und zu inspirieren. Ich lass mich auf diese Reise ein und man wird sehen, was alles kommt! Ich bin fest davon überzeugt, dass Konzerte oder Festivals wie das Electric Love Festival bereits viel früher wieder möglich sein werden. Aus Quellen weiß ich, dass sehr hart an Sicherheitskonzepten gearbeitet wird, damit Events wie das ELF wieder sicher stattfinden können. Es sieht also alles sehr vielversprechend aus!

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