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In vielen Familien und auch im Freundeskreis stehen Streitigkeiten rund um Corona an der Tagesordnung.
In vielen Familien und auch im Freundeskreis stehen Streitigkeiten rund um Corona an der Tagesordnung.
fizkes/iStock.com

Familienkrise in der Corona-Krise: 5 Tipps für einen achtsamen Umgang

26.11.2021 um 10:21, Conny Engl
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„Wenn du nicht so denkst wie ich, will ich mit dir nichts mehr zu tun haben.“ Die Pandemie führt in Freundschaften und Familien zu Diskussionen, Streit oder sogar Beziehungsabbruch. Beziehungleben.at gibt fünf Tipps für den Umgang in kritischen Situationen rund um Covid-19.

Kein Thema polarisiert zurzeit mehr als die Corona-Impfung. Gräben zwischen „geimpft“ und „ungeimpft“ werden tiefer, der Ton rauer – auch in Familien. Beispiele aus der Beratung von Beziehungleben.at zeigen das erschreckende Ausmaß:

Eine Frau erzählt, dass ihre Tochter sie nach ihrer schweren Covid-Erkrankung nicht zum Arzt fahren wollte. Die Begründung der Tochter war: „Wenn du geimpft wärst, hättest du dir die Krankheit erspart.“
Ein Mann berichtet, dass er und seine Familie sich impfen ließen und sein Bruder daraufhin den Kontakt zu ihnen völlig abgebrochen hat.
Ein Paar leidet unter dem unterschiedlichen Umgang mit der Krankheit: Während die Frau mit der Situation locker umgeht und sich keine Sorgen macht, braucht der Mann ganz viel Sicherheit und eine strenge Einhaltung der Regeln. So geraten sie im konkreten Alltag immer wieder aneinander.

Nicht selten kommt es zu Vorwürfen, Schuldzuweisungen, Abwertungen oder sogar einem Bruch der Beziehung.

Diese Pandemie stellt uns als Gesellschaft vor eine große Herausforderung – speziell auch die Familien. – Josef Lugmayr, Familienseelsorger der Diözese Linz und Leiter von Beziehungleben.at

Beziehungleben.at hat sich fünf Möglichkeiten für den Umgang in kritischen Situationen rund um Corona überlegt:

1. Über Ängste reden

  • „Ich habe Angst, dass du sterben könntest, wenn du dich nicht impfen lässt. Ich will dich nicht verlieren!“
  • „Ich habe Angst, dass die Impfung dir schaden könnte.“
  • „Ich habe Angst und du hast Angst.“

Auch hinter der Wut stecken meistens Ängste. Möglicherweise die, ohnmächtig zu sein, bevormundet zu werden oder die Sorge um Menschen, die einem wichtig sind.

2. Unterschiede anerkennen

Ihre Lösungsversuche, wieder Kontrolle zu erlangen, sind andere als die Lösungsversuche Ihres Gegenübers: „Ich denke anders als du. Sachlich finden wir keinen gemeinsamen Nenner. Ich akzeptiere das. Du bist mir wichtig und ich bemühe mich auszuhalten, dass wir in diesem Fall unterschiedlich sind.“

3. Versuchen, die innere Not zu sehen

Menschen halten den Zustand der Bedrohung schwer aus. Dadurch können sie in eine innere Not geraten. Die meisten versuchen die Gefühle von Bedrohung und Ohnmacht mit Aktionismus zu vertreiben, damit sie arbeitsfähig bleiben, damit die Kinder versorgt werden können, ...

Nehmen Sie sich Zeit, Ihre eigene Verletzlichkeit wahrzunehmen. So können Sie auch besser die Not in Ihrem Gegenüber spüren und gemeinsam aushalten. Überforderung, Not, Ohnmacht gemeinsam auszuhalten und nicht zu unterdrücken oder zu verharmlosen schafft Verbundenheit.

Wenn man diesen Schritt nicht gehen kann, passiert es leicht, dass man in die Falle der Feindschaft und Abwertung gerät: „Weil du so komisch bist, weil ich dich nicht verstehen kann, weil du aus meiner Sicht falsch liegst, bist du gegen mich.“

4. Gespräch unterbrechen und etwas anderes tun

Wenn Sie inhaltlich aneinandergeraten und nur mehr über „Richtig“ oder „Falsch“ diskutieren, stoppen Sie das Gespräch!

Bremsen Sie Ihre eigenen inneren „zerstörerischen“ Kräfte und die Ihres Gegenübers: „An dieser Stelle möchte ich nicht mehr weiter diskutieren. Wir kommen sachlich nicht weiter. Reden wir über etwas anderes oder gehen wir eine Weile auf Abstand, um uns wieder zu beruhigen.“

Gestalten Sie jetzt bewusst Ihre Zeit mit etwas Erfreulichem, Sinnvollem, anstatt sich in Wortgefechten zu verstricken. Überlegen Sie, was Ihnen gemeinsam Freude macht, zum Beispiel kochen, spazieren gehen, ...

So können Sie fühlen und erleben: Vieles in unserer Familie ist sehr gut, ein kleiner Teil ist ungelöst und schwierig. Diesen können wir annehmen.

5. Verbundenheit über das Trennende stellen

Bestärken Sie sich selbst: „Wir sind Familie. Trotz unterschiedlicher Meinungen und Entscheidungen wollen wir miteinander verbunden bleiben. Wir achten und lieben einander, so wie wir sind. Wir können uns gegenseitig nicht immer verstehen, können die Sichtweisen des anderen schwer aushalten, weil wir anders denken. Wir wissen, dass es jeder von uns gut meint.“

Gerade in schwierigen Zeiten ist es wichtig, einander jeden Tag in Respekt, Wertschätzung und Achtung zu begegnen und einander im Alltag zu unterstützen. So können trotz unterschiedlicher Zugänge Verbundenheit und Zuneigung als Basis der Beziehung bestehen bleiben.

Beziehungleben.at bietet Partner-, Ehe-, Familien- und Lebensberatung. Eine zentrale Anmeldung für alle 25 Stellen in ganz Oberösterreich gibt es unter:
0732 / 77 36 76
www.beziehungleben.at

Josef Lugmayr, Familienseelsorger der Diözese Linz und Leiter von Beziehungleben.at.