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Badens Cheftouristiker Klaus Lorenz: „Beim Gesundheitstourismus hält sich das Minus in Grenzen.“
Badens Cheftouristiker Klaus Lorenz: „Beim Gesundheitstourismus hält sich das Minus in Grenzen.“
Stadtgemeinde Baden/Foto Tschank

Tourismusdirektor Lorenz: Wir sind mit einem blauen Auge davongekommen

07.10.2020 um 14:25, Andi Dirnberger
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Nach dem Rekordjahr 2019 strauchelt Niederösterreichs Tourismushauptstadt. Wie Baden die Corona-Krise bewältigt, erklärt Tourismusdirektor Klaus Lorenz im weekend Exklusiv-Interview.

weekend: „Zur Kur, zum Kongress, zur Erholung“ hieß der frühere Werbeslogan von Baden. Zumindest der Kongress liegt wohl am Boden?
Klaus Lorenz: Ich möchte die drei Begriffe getrennt ansprechen. Die Kur heißt jetzt Gesundheitstourismus, also Kur und Rehabilitation, und macht rund 60 Prozent unserer Übernachtungen aus. Aufgrund der Einschränkungen können die Einrichtungen nicht die volle Kapazität fahren, das Minus zwischen 18 und 20 Prozent hält sich aber in Grenzen. Und ja, wir freuen uns über jeden, der in unsere Stadt kommt, die Menschen brauchen diese Behandlungen, zur Rehabilitation und auch zur Regeneration.

weekend: Setzen wir gleich mit dem Kongresstourismus fort …        
Klaus Lorenz: Bei Seminaren, Kongressen und Incentives waren wir im Sommer halbwegs gut unterwegs, durch die sogenannte zweite Welle haben wir aber ein massives Problem. Wir hätten auf den Herbst gehofft, jetzt kommen wieder erste Absagen. Ab Mitte Oktober ist der Erholungstourismus nur noch eingeschränkt vorhanden, deshalb ist diese Entwicklung jetzt besonders schmerzhaft.

weekend: Der dritte Baustein ist der Erholungsurlaub?
Klaus Lorenz: Beim Segment Erholungsurlaub waren die Leute im Sommer sehr vorsichtig, wir hatten im Juli ein Minus von 37 % und im August ein Minus von 30 %, jetzt liegen wir eine Spur besser, aber aus meiner persönlichen Sicht immer noch weit weg.

Tagestouristisch hatten wir überhaupt kein Problem, da hatten und haben wir richtig tolle Frequenzen!

weekend: Der Städtetourismus liegt komplett am Boden, wie weit ist Baden als Kleinstadt davon betroffen?
Klaus Lorenz: Naturgemäß sind größere Städte wie Wien stärker betroffen als kleinere wie Baden, das hängt von den internationalen Märkten ab. Wir sind allerdings bei den kleinen historischen Städten schon auch auf der interna­tionalen Seite und haben dieses Geschäftsfeld bewusst entwickelt, somit leiden wir in diesem Segment mehr als andere. Unsere Gästeanteile waren etwa 17 % aus Deutschland, 10 % aus Russland und viele andere Nationalitäten, diese Gäste fehlen.

Klaus Lorenz, Tourismusdirektor Baden

Weekend: Wie sieht das gesamte Resümee aus?
Klaus Lorenz: Wir sind diesen Sommer mit einem sogenannten blauen Auge davongekommen. Was wir jetzt machen können ist es, Strategien für die nächsten Wochen und für 2021 zu entwickeln. Da sind wir schon in Diskussion und Entwicklung, wie und wo wir den Betrieben helfen können. Ich bin aber, persönlich und ehrlich gesagt auch angefressen auf die Leute, die in einer Vielzahl damit umgegangen sind, ob es kein Virus mehr gibt. Dieses verantwortungslose Verhalten konnte ich selbst in unserer Tourismusstelle beobachten, jetzt bekommen wir die Quittung. Man muss bedenken, dass dieses Übermaß an Freiheit eigentlich zur Gefährdung von Arbeitsplätzen führt.

Unsere Gästeanteile waren etwa 17 Prozent aus Deutschland, zehn Prozent aus Russland und viele andere Nationalitäten, diese Gäste fehlen.

weekend: Von welchen Dimensionen sprechen wir eigentlich bei den Übernachtungen in Baden?  
Klaus Lorenz: Wir hatten im Vorjahr ein absolutes Rekordjahr mit 444.179 Übernachtungen, das hatten wir seit 20 Jahren nicht mehr. Für heuer möchte ich keine Zahlen nennen, wir sind im Jänner und Februar sensationell gestartet, dann war drei Monate nichts. Ich muss aber auch sagen, dass wir tagestouristisch überhaupt kein Problem haben und hatten, da gab und gibt es richtig tolle Frequenzen, das bestätigen auch Handel und Gewerbe in unserer Stadt. Die Gäste aus z. B. Oberösterreich kommen sehr gerne zu unseren Veranstaltungen, allerdings übernachten sie derzeit nicht, sie fahren in der Früh nach Baden und am Abend wieder heim.

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