Studien zeigen: Mehr Schlafstörungen durch das Coronavirus
Schweißgebadet wird man wach, die Hände zittern, der Kopf dröhnt, der ganze Körper bebt: Fast jeder Mensch hatte schon einmal einen Albtraum und kennt dieses Gefühl der Angst. Meist verschwinden sie so schnell, wie sie gekommen sind und man kann sich nur noch spärlich an den Inhalt erinnern. Manchmal aber bleiben sie bestehen, verfolgen einen nächtelang und sorgen für wenig Schlaf. Die Gemütsverfassung an den darauffolgenden Tagen ist dann selbsterklärend. Vor allem seit der Corona-Pandemie klagen immer mehr Leute über Schlafprobleme. Eine finnische Studie, die im Fachmagazin "Frontiers in Psychology" veröffentlicht wurde, zeigt sogar, dass das Virus nicht nur unsere Träume, sondern auch unseren Schlafrhythmus beeinflusst. Über 4000 Finnen beschrieben, wie sich die Maßnahmen auf ihren Schlaf auswirkten: Mehr als ein Viertel gab an, häufiger Albträume zu haben. Inhalte dieser Träume waren oft der Tod, das Virus, verlorene Pässe, geschlossene Grenzen, aber auch Umarmungen. Etwa ein Drittel wachte in der Nacht häufiger auf. Der Psychotherapeut und Autor Robert Riedl erklärt diese Ergebnisse so: "Unser Schlaf und unsere Träume haben mit dem Stresserleben zu tun. Bereits vor Corona gaben 60 Prozent der Österreicher an, sich beruflich oder privat gestresst zu fühlen. In Krisenzeiten ist dies noch höher. Albträume lenken unsere Aufmerksamkeit auf aktuelle Gefahren, um uns davor zu schützen."
Österreicher und Träume
Und wie sieht es hierzulande aus? Die Traumforscherin Brigitte Holzinger meint, dass man die Zahlen der Studie nicht verallgemeinern kann. Trotzdem gibt es einige Parallelen zu Studien, an denen sie selbst mitarbeitet. "Unsere Ergebnisse zeigen uns, dass viele während des ersten Lockdowns besser schliefen. Sie hatten auch einfach mehr Zeit dazu. Mit zunehmender Dauer der Maßnahmen kamen aber immer mehr Ängste hinzu. Vor allem fragile Menschen, beispielsweise mit psychischen Erkrankungen, trifft es hart", meint Holzinger. Laut ihren Studien haben die Österreicher übrigens mehr geträumt, tendenziell waren die Inhalte auch belastender. Dabei ging es vermehrt um Beziehungen, Masken oder die Frage, wie mit dem Virus umgegangen werden sollte. Eigentlich kein Wunder, denn in Träumen beschäftigen wir uns mit jenen Dingen, die wir tagsüber sinnlich erleben. Riedl dazu: "Der Schlaf wird genutzt, um Erlebtes zu verarbeiten und sich besser für die nächsten Tage zu rüsten."
"Wir gehen davon aus, dass wir von dem träumen, was uns tagsüber beschäftigt und was wir sinnlich wahrnehmen. Das sind natürlich vor allem visuelle Dinge. Dabei ist der Traum aber das tollste Kommunikationsmittel zwischen dem Ich und dem Selbst. Er möchte, dass sich der Träumer weiterentwickelt. Deswegen lohnt sich die Auseinandersetzung." - Brigitte Holzinger, Psychologin und Traumforscherin
No bad dreams
Was aber tun, wenn schlechte Träume sich ständig wiederholen? Und kann man Albträume eigentlich verhindern? "Schwierig, denn man kann nicht einfach sagen, dass man ab jetzt nur mehr schöne Träume haben wird. Alleine durch Willenskraft sind unterbewusste Prozesse nicht steuerbar", erklärt Riedl. Es gibt aber dennoch Tricks. "Wichtig ist eine positive Haltung gegenüber dem Traum", meint Holzinger. Dabei lautet das Credo: Jeder Traum möchte etwas Gutes. Sich mit dem Inhalt auseinanderzusetzen, nimmt die Angst und klärt oft sogar Fragen, die im eigenen Kopf herumschwirren. Die beste Methode dazu: ein Traumtagebuch führen bzw. den Traum aufschreiben.
Träumen wie ich will
Als Lösungsansatz für Albträume werden oft luzide Träume, sogenannte Klarträume, genannt. Ein luzider Traum ist ein Traum, in dem sich der Träumer bewusst ist, dass er träumt. Dem Träumer ist es möglich, den eigenen Traum zu steuern. Das sorgt nicht nur für ein intensiveres Erlebnis (lautere Musik, knalligere Farben), sondern auch für ein starkes Glücksgefühl. Denn: Alles, was in der Realität unmöglich scheint, funktioniert plötzlich. In Klarträumen kann man über Wasser laufen oder fliegen. Die Grenze zwischen Wachzustand und Traum verschwimmt und kann sogar zur Selbstoptimierung beitragen. Eine Schweizer Studie zeigt, dass sich Sportler durch Klarträume besser ihre Bewegungsabläufe merken.
Und wie?
Aber wie schafft man es, klar zu träumen? "Prinzipiell kann es jeder und die meisten haben es sogar schon gemacht. Nach Umfragen hat es bereits jeder vierte Österreicher erlebt", erklärt Holzinger. Wichtig ist es, sich darauf einzulassen. Workshops, Meditationen oder Apps können dabei helfen. Dabei sollte man Schritt für Schritt beginnen und sich vielleicht sogar eine fachliche Hilfe holen. "Luzide Träume können leider auch ein Trauma sichtbar machen", so Holzinger. Geduld ist definitiv gefragt, meint auch Riedl: "In Klartraum-Foren gibt es zahlreiche Techniken. Am besten sollte man mit der beginnen, die am einfachsten scheint." Na dann, süße (luzide) Träume.