Abfahrt verpasst: Darf Kreuzfahrtschiff ohne mich auslaufen?
Vor etwa einer Woche hat ein Kreuzfahrtschiff der Norwegian Dawn neun Passagiere auf einer afrikanischen Insel zurückgelassen, weil sie es wegen einer Panne nicht rechtzeitig zurück an Bord geschafft hatten. Wir fragen uns: Darf ein Schiff, auf dem ich eine Reise gebucht habe, im Ausland ohne mich weiterfahren?
Kreuzfahrtschiff muss nicht warten
Für solche Fälle hat jede Reederei in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen vorgesorgt, erklärt Reinhold Hauk, Geschäftsführer der Fachgruppe Reisebüros in der Wirtschaftskammer Salzburg. So unterschreibt man mit der Buchung eine vertragliche Vereinbarung, dass man zu bestimmten Zeiten wieder an Bord ist. "Wie bei einem Flug, ist man auch auf einem Kreuzfahrtschiff dazu verpflichtet, innerhalb eines fixierten Zeitraums zu boarden", informiert Hauk. Geht man während der Reise auf eigene Faust von Bord, ist man selbst dafür verantwortlich, rechtzeitig wieder auf dem Schiff zu sein. Ist das – aus welchen Gründen auch immer – nicht der Fall, kann und darf das Schiff ohne die Passagiere ablegen.
Toleranzzeit ist möglich, aber kein Muss
Normalerweise muss man als Passagier etwa eine Stunde vor dem Auslaufen wieder an Bord sein. So lange braucht ein Kreuzfahrtschiff ungefähr, um sich für die Weiterfahrt vorzubereiten. Die Zeiten sind je nach Reederei genau festgelegt und werden allen Passagieren mitgeteilt. "Bei vielen Reedereien ist zwar eine Toleranzzeit möglich", erklärt Hauk. Die bewege sich meist aber im Minutenbereich. Hat das Schiff noch nicht abgelegt, ist die Brücke noch nicht abgebaut oder eingezogen, dürfen Zuspätkommer in der Regel noch an Bord. Ist das Schiff aber schon ausgelaufen, hat man Pech gehabt.
Gepäck wird am Kai zurückgelassen
Im schlimmsten Fall kommt man zurück in den Hafen, das Schiff ist weg und das Gepäck steht am Kai. "Wenn Passagiere nach der Einschiffungszeit fehlen, können ihre Kabinen von der Crew komplett geräumt und das Gepäck im Hafen zurückgelassen werden", so Hauk. Immerhin befinden sich auf einem gängigen Kreuzfahrtschiff schon mal 7.000 bis 8.000 Menschen und es könnte auch ein Sicherheitsrisiko bestehen. Zum Beispiel, wenn jemand das Schiff verlässt und in seinen Sachen Sprengstoff deponiert hat.
Ausnahme: über Reederei gebuchte Ausflüge
Eine Ausnahme gilt für Landausflüge, die über die Reederei gebucht werden. Kommt es hier zu Zwischenfällen, wartet das Schiff im Hafen, bis alle gebuchten Passagiere wieder an Bord sind. Werden Tagesausflüge aber über externe Anbieter gebucht, wartet das Schiff nicht.
Was tun? Hinterherfliegen!
Steht man am Ende tatsächlich allein im Hafen, gibt es nur eine Möglichkeit: So schnell wie möglich den Kapitän informieren und dem Schiff in den nächsten Hafen hinterherfliegen oder -fahren. Genau das taten sechs amerikanische und zwei australische Passagiere der Norwegian Dawn, die auf der afrikanischen Insel zurückgelassen wurden. Mit Minivan, Auto und Flugzeug reisten sie durch insgesamt sieben Länder, um schließlich in Dakar wieder an Bord des Schiffes zu gelangen. Ansprüche auf Entschädigungen hat man in solchen Fällen allerdings keine, denn schließlich ist man vertragsbrüchig geworden. Man hat schlicht und ergreifend Pech gehabt! Alternativ bleibt nur noch eins: auf eigene Faust und Kosten die Heimreise antreten.