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NORTHVOLT

Wettlauf - Hochspannung im Batterie-Business

05.06.2024 um 13:02, Klaus Schobesberger
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Der Batteriesektor für die Elektromobilität wird staatlich mit Milliarden subventioniert. Auch in Europa. Gelingt das Brechen der Vorherrschaft Chinas?

Wie schnell China am Elek­troautomarkt unterwegs ist  und gleichzeitig den Batteriesektor weltweit dominiert, wurde an den E-Flitzern des Smartphonekonzerns Xiaomi in Peking deutlich. Zehn Milliar­den Dollar steckt der Unternehmensgründer Lei Jun in jenes Abenteuer, für das dem Konkurrenten ­Apple letztlich der Mut gefehlt hat. Ob der schnittige Sportwagen, in der teuren Variante so viel kostet wie ein VW ID4, ein Erfolg wird, entscheiden am Ende die Kunden. Für dieses Modell reicht eine Lade­dauer von 15 Minuten, um 500 Kilometer fahren zu können. Die Ningde-Batterie schafft eine Reichweite von 800 Kilometern und kommt von CATL. Das abgespeckte Xiaomi-Modell schafft mit einem BYD-Akku rund 700 Kilometer. CATL und BYD machen gemeinsam mehr als die Hälfte des weltweiten Marktes für E-Auto-Batterien aus.  Alle reden über Elektroautos, aber die eigentliche, hochspannende Entwicklung findet am Batteriesektor statt. CATL, das sein erstes Werk außerhalb Chinas im Vorjahr im deutschen Thüringen in Betrieb genommen hat, kündigte eine Feststoffbatterie mit 1.000 Kilometern Reich­weite und zehn Minuten Ladezeit an. Kann Europa da noch mithalten?

4,5 Milliarden

Abhängig von Rohstoffen
„Eine große Batterienlösung wird es in Europa meiner Meinung nach nicht mehr geben. In Südkorea und in ­China ist die Batterieproduktion sehr strategisch und sehr massiv vorangetrieben worden. Varta hat in Europa 150 Millio­nen Euro an Förderung erhalten, aber in China wäre ein vergleichbares Unternehmen vermutlich mit eineinhalb bis zwei Milliarden gefördert worden“, sagt Michael Tojner, gebürtiger Oberösterreicher und Investor sowie Mehrheitseigentümer des Batterienherstellers Varta mit Sitz in Deutschland. Zu einer ähnlichen Einschätzung kommt auch Andreas Bawart, CEO des oberösterreichischen Batterieherstellers Banner. „Es wird in Europa ganz schwierig sein, Lithium-Ionen-Batterien zu wettbewerbsfähigen Preisen gegenüber chinesischen Herstellern zu produzieren. Hinzu kommt die Abhängigkeit von den Rohstoffen. Daher verstehen wir den bedingungslosen Zwang zum Umstieg auf Elek­troautos in Europa nicht. Unserer Einschätzung nach werden die massiven Nachteile aus den neuen Abhängigkeiten ausgeblendet.“ Der Familienunternehmer habe überdies den Eindruck, dass die erste Euphorie in Sachen Elektroautos vorüber ist und dass eine Art Ernüchterung eintritt.

Viele Erstkäufer von Elektroautos realisieren, dass die versprochenen Reichweiten gerade im Winter nicht erreicht werden können und dass vor allem die öffentlichen Lademöglichkeiten noch sehr unbefriedigend sind. Wie man am Beispiel Deutschland gerade eindrucksvoll sieht, gehen die Neuzulassungen von Elektroautos nach dem Wegfall der staatlichen Förderungen deutlich zurück. „Auch auf EU-Ebene sehen wir klare Tendenzen, den kompletten Umstieg auf E-Mobilität weiter in die Zukunft zu verschieben.“ Bawart weist darauf hin, dass aktuell in über 90 Prozent der Elektroautos auch eine 12-V-Bordnetzbatterie in der bewährten und umweltfreundlichen Blei-Säure-­Technologie zum Einsatz kommt. „Wir gehen in den nächsten zehn Jahren von einem weiteren Marktwachstum für Blei-Säure-Batterien im Ausmaß von ca. ein bis zwei Prozent aus.“ Banner hat zwei Geschäftsbereiche. Die Business Unit Energy Solutions ist die kleinere und beschäftigt sich mit unterschiedlichen Stromspeicher-Lösungen, wie zum Beispiel bei Staplern und Hebebühnen, aber auch bis hin zur Notstromversorgung in Tunnels und Krankenhäusern. Diese Business Unit biete laut Bawart „noch sehr viel Wachstumspotenzial.“ In der Business Unit Automotive beschäftigt sich das Unternehmen in erster Linie mit Starterbatterien auf Blei-Säure-Basis für verschiedene Anwendungsbereiche. Diese Starterbatterien werden auch in Zukunft das Kerngeschäft der Firma Banner bleiben.

Michael Tojner
Investor Michael Tojner glaubt, dass der Zug für Europa abgefahren ist

Northvolt dreht am großen Rad 
Einer, der dagegen wettet, Europa frühzeitig im Batteriebereich abzuschreiben, ist Northvolt. Im März startete das schwedische Startup mit dem Bau seiner Gigafactory in Schleswig-Holstein. North­volt gilt als Europas große Hoffnung für eine heimische Produktion von Batteriezellen für die Millionen Elektroautos, die in den kommenden Jahren zugelassen werden. Und ihr CEO Peter Carlsson will die Vorherrschaft Chinas brechen. 4,5 Milliarden Euro werden in die Fabrik im Norden Deutschlands investiert. In dieser Gigafactory sollen im Vollbetrieb des Werks Batterien für eine Million Autos im Jahr vom Band laufen. Hinter dem Unternehmen stehen die beiden schwedischen Risikokapitalgeber Harald Mix und Carl-Eric Lagercrantz, die das Projekt vorantreiben. In einem Interview mit dem Manager Magazin sagte Carlsson, dass er trotz des Risikos eines Scheiterns Northvolt aufgrund der starken Unterstützung von Anteilseignern und der Politik sicher positioniert, um zu einem wesentlichen Teil der europäischen Infrastruktur zu werden. Northvolt finanziert seine mehreren geplanten Akkufabriken in Europa und Nordamerika durch einen Mix aus Eigenkapital und Krediten, unterstützt von Institutionen wie der Europäischen Investitionsbank.

VARTA
Der einstige Börsenstar stürzte ab
VARTA Diagramm

Ein Tesla für Batterien
BMW, Volkswagen und Volvo Cars gehören zu den bedeutenden Abnehmern und teilweise Investoren von Northvolt. Das Unternehmen arbeitet an einer Expansion seiner Produktionskapazität auf zunächst 150 Gigawattstunden, mit der Möglichkeit einer späteren Erweiterung. Ein Börsengang steht zwar auf der Agenda, aber ­Carlsson betont, dass es keine Eile gibt und dass die Bedingungen passen müssen. Der Top-Manager vergleicht die Wachstumspotenziale von Northvolt auch mit seinen Erfahrungen bei Tesla und hebt die Wettbewerbsfähigkeit durch Batterien, ­Skaleneffekte und die Nachhaltigkeitsstrategie des Unternehmens als Schlüssel zum Erfolg hervor. Das erste Elektrofahrzeug mit North­volt-Batteriezellen soll bei Scania, einer Tochtergesellschaft von Volkswagen, zum Einsatz kommen, gefolgt von Audi und Porsche in den darauffolgenden Jahren.

Peter Carlsson
Peter Carlsson, CEO von Northvolt, dreht am großen Rad

Grüner Strom als Faktor
Die Batteriezellfabrik in Schleswig-Holstein ist eines der größten Industrieprojekte der Bundesrepublik. Die erste Zellmontage ist für das Jahr 2026 geplant, mit einem Endausbau ab 2029 und 3.000 Beschäftigten. Ein entscheidender Vorteil des Standorts ist die Verfügbarkeit von Windstrom. Northvolt hat in ganz Europa nach einer passenden Lage für die Fabrik gesucht. Die Entscheidung für den jetzigen Standort sei wegen der Dichte an grünem Strom gefallen. Die Nutzung von Windstrom macht die Produktion besonders umweltfreundlich, was auch Teil des Geschäftsmodells ist. Die genauen Konditionen, zu welchen Northvolt den Strom beziehen kann, sind laut deutschen Medien noch nicht vollständig geklärt. Peter Carlsson äußerte jedoch Zuversicht, dass das Unternehmen in Heide grünen Strom zu international wettbewerbsfähigen Preisen erhalten werde. Northvolt benötigt Strompreise von 5 bis 6 Cent je Kilowattstunde, um konkurrenzfähig zu bleiben. Das schnelle Wachstum der Chinesen sei beeindruckend, sagt der Northvolt-Boss. „Aber mit unserem Know-how und vor allem mit den Vorteilen unserer Nachhaltigkeitsstrategie können wir auch sehr erfolgreich sein.“  

Andreas Bawart

In Europa wird es schwierig sein, Lithium-Ionen-Batterien zu wettbewerbsfähigen Preisen zu produzieren.

Andreas Bawart, CEO Banner Batterien

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