Es lebe der Support!
Inhalt
- Supportloser Totalschaden
- Kleine Hersteller oft überfordert
- Service is the limit
- Software für alle
- On Premise – ein hochsensibles Thema
- Immer mehr Standard?
Was hätten Sie sich gedacht, wenn Sie dieses Inserat, das kürzlich auf autoscout zu sehen war, gelesen hätten: Ein sechs Monate junges Premium-Elektro-SUV mit 4.233 Kilometern am Tacho, 700 Kilometern Reichweite, Solardach, veganem Leder, 8-fach bereift, 541 PS, inklusive aller erdenklichen Extras, gebaut in Graz um 24.990 Euro (Neupreis: 87.500 Euro). Sie hätten sich gefragt: Wo ist der Haken? Den „Haken“ hat der italienische Verkäufer dieses Fisker Ocean ehrlicherweise in den Text des Inserats gepackt: „Wie Sie wissen, ist Fisker insolvent, daher kann kein weiterer Softwaresupport angeboten werden.“ Es hätte ein Märchen werden sollen: Ein E-SUV, das sich teilweise selbst mit Strom versorgt und aus Materialien gebaut wird, das als Plastikmüll aus den Ozeanen gefischt wurde. Es hätte das nachhaltigste Auto der Welt werden sollen und wäre fast Elektroschrott geworden.
Supportloser Totalschaden
Nachhaltig war nämlich leider nur der finanzielle Schaden, der zur größten Pleite der Steiermark werden sollte. Die Tochtergesellschaft Fisker Austria sieht sich Forderungen in der Höhe von 3,8 Milliarden Euro gegenüber. Magna in Graz sollte 40.000 Oceans pro Jahr produzieren. 10.142 wurden gebaut, nur rund 4.700 Stück tatsächlich verkauft. 3.321 wurden nach der Insolvenz an den Anbieter für Leasingfahrzeuge im Uber- bzw. Lyft-Dienst in New York, American Lease, verkauft – Stückpreis: 13.000 Euro. Der Deal wäre fast geplatzt, denn die Daten ließen sich anfangs nicht auf den neuen Besitzer übertragen. Schlussendlich gelang es, dass American Lease für 2,5 Millionen US-Dollar auch den Support übernahm. Damit wird zumindestens die nächsten fünf Jahre der Betrieb von allen Fisker Oceans garantiert. Was kann also passieren, wenn der Softwaresupport, egal für welches Produkt, nicht mehr angeboten wird?
Kleine Hersteller oft überfordert
Peter Berner, CEO von Count IT in Hagenberg, sieht vor allem bei kleineren Softwareherstellern ein Problem: „Wenn etwas groß genug ist – und Fisker war schon groß genug –, mache ich mir um Support keine Sorgen, weil es ein Geschäft ist.“ Kleine Hersteller seien mit dem Support jedoch oft überfordert. Otto Kitzmüller, CEO der INFORMATICS Holding, bringt ein Beispiel: „Früher wurde der Kunde informiert, wenn eine Wartung ansteht und wie lange das Produkt in der Wartung bleibt. Softwarehersteller waren dazu verpflichtet. Wenn man sich ein Auto kauft und man fährt damit 150.000 km in drei Jahren, die Garantie gilt aber nur bis 100.000 km, muss man sich etwas überlegen. Wie bei vielen Autos ist das auch bei Software so, dass, wenn alle vorgeschriebenen Services gemacht wurden, sich auch die Garantie verlängert.“ Während COUNT IT neben einigen eigenen Produkten hauptsächlich auf Microsoft zählt, ist INFORMATICS in der SAP-Welt zu Hause. In beiden „großen“ Welten hat sich das Geschäft mit der Software verändert. Kitzmüller: „Es geht weg von der Verkaufslizenz mit Wartung hin zu Cloudcompanys. Software kauft man nicht mehr, sondern man mietet das Produkt. Dadurch ändert sich der Servicegedanke und man muss sich um die Wartung nicht mehr kümmern.“ Umgekehrt verringert sich für den Hersteller der Aufwand. Kitzmüller sieht auch Veränderungen im eigenen Geschäft und bringt wieder eine Analogie zum Auto: „Wir waren so etwas wie die Werkstatt vor Ort und haben uns um das Service gekümmert. Die Operations macht der Hersteller nun selbst. Das bringt einen großen Druck auf den regionalen Markt. Kleine oder mittelständische Kunden werden dadurch abhängiger von den großen globalen Herstellern.“ Peter Berner sieht das ähnlich und bringt ein weiteres Beispiel: „Wir haben Teslas in der Firma, die voll ausgestattet ausgeliefert werden und deren Ausstattung man im ersten Jahr mittels Premium Account nutzen kann. Ab dem zweiten Jahr muss man Features dazukaufen und sie werden freigeschaltet.“ Auch BMW hat so etwas vor. „Man baut quasi nur noch Vollausstattungen, das macht die Produktion weniger komplex und Features werden gegen Gebühr dazugeschaltet. Dieselbe Strategie verfolgt auch Microsoft mit 365.“
Service is the limit
Die klassische Beratung bleibt natürlich regional. Auch INFORMATICS hat eigene Produkte, die meisten davon On Premise: „Nur eines ist in der Cloud. Das bieten wir vorerst nur im DACH-Raum an. Aktuell stellen wir auch auf Englisch um. Man muss sich das aber genau überlegen, ob man den globalen Support garantieren kann. Es klingt verlockend, weil man in der SAP-Cloudcommunity in Shops und Stores sichtbar wird. Das ist wie im Google Play Store. Man bekommt daher auch Anfragen aus aller Welt. Verkauft man in alle Welt, muss man auch einen 24/7-Support in verschiedenen Sprachen anbieten können. Nicht ,the sky is the limit‘, sondern ,service is the limit‘. Wir wollen unsere Lösungen deshalb nicht global ausrollen.“ Wie in anderen Branchen werden aus Produkten Services. Man kann Solarpaneele oder mittelweile sogar Wärme mieten. Die Anlage wird montiert und man bezahlt dafür eine monatliche Gebühr. „Der Hersteller hat mehr Kontrolle und der Kunde wird abhängiger. Als Nutzer ist man teurer unterwegs, hat aber nicht die hohen Investments.“
Software für alle
Auch Peter Berner kennt diese Themen zu genau. „Es gibt immer wieder Software für Randbereiche und Spezialanwendungen bei Zeitaufzeichnung, Reisekostenabrechnung, Belegerfassung etc., die nicht in Microsoft Dynamics oder BMD eingebettet sind. Diese stammen meist von kleinen, sehr unflexiblen Herstellern. Sie haben einen kleinen Kundenstamm und tun sich entsprechend schwer, den Support zu garantieren.“ COUNT IT hat sich deshalb entschieden, solche Lösungen selbst zu machen. „Die braucht jeder, aber keiner will viel Geld für diese Spezialzwecke ausgeben.“ Der Supportanteil lässt sich in das Produkt reinrechnen, die Software wird zum Mietobjekt. „Technologie wird leistbarer und das Risiko geringer. Ein kleines Unternehmen hätte sich früher kein ERP-System leisten können. Jetzt mietet man ein fertig aufgesetztes MS Dynamics und braucht nur noch einen Partner, der das konfiguriert. Das technische Aufsetzen fällt weg. Früher war das erst ab 100 Mitarbeitern im Einsatz, jetzt hat es schon das kleine Brautmodengeschäft in Perg. Das Risiko, dass bei solch großen Herstellern der Softwaresupport ausfallen würde, ist gleich null.“
On Premise – ein hochsensibles Thema
Noch gibt es die „On Premise“-Welt. „Wenn es sehr sensibel ist, wie im Gesundheitsbereich oder im öffentlichen Dienst, wird es mit der Cloud schwierig, aber generell kann On Premise immer weniger als die Cloudversionen. Ein KI-Copilot On Premise geht halt eben nicht.“ Für Berner hat sich in den letzten fünf Jahren der Zugang zum Thema Cloud deutlich verbessert. „Am Anfang war das ein Aufschrei. Der E-Mail-Exchange-Server war eines der ersten Microsoft-Produkte in der Cloud. Die Leute wollten das nicht und waren skeptisch. Doch jede Mail geht übers Internet. Seit Corona hat sich der Mensch daran gewöhnt. Man stelle sich vor, die Leute hätten daheim nicht arbeiten können. MS Teams war am Anfang ein schrottiges Produkt. Microsoft hat ein Vermögen in die Weiterentwicklung von Teams reingesteckt und es wurde von einem schlechten zu einem führenden Produkt. Heute können wir es uns nicht mehr vorstellen, ohne Teams zu arbeiten.“
Immer mehr Standard?
Wird es in Zukunft deshalb noch mehr Standard geben? „Das wird gerade heiß diskutiert. SAP glaubt aber selbst nicht daran. Der Weg in die Cloud ist Fakt, aber es lässt auch Raum für Individuelles, und das bietet eine Chance für regionale Anbieter, die ihre individuellen Lösungen dann auch global anbieten können“, meint Kitzmüller, gibt aber zu bedenken: „Dass ich eben dann auch den Servicegedanken garantieren und erfüllen muss.“ Auch Berner sieht das ähnlich: „Viele Kunden wollen möglichst nahe am Standard sein, idealerweise in der Cloud. Wir programmieren dazu tief integrierte Individual-Software, damit man den Standard und den USP des Unternehmens zusammenbringt.“