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Humanoide Roboter
Apollo von Apptronik bei einem Spaziergang durch ein Mercedes-Benz-Werk.
Apollo von Apptronik bei einem Spaziergang durch ein Mercedes-Benz-Werk.
Pecksteiner, Mercedes-Benz Group AG

Invasion der Androiden

25.11.2024 um 12:12, Michael Schwarz
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Menschenähnliche Maschinen faszinieren nicht nur die breite Bevölkerung, sondern dringen nun auch in den Jobmarkt vor. Marketingmasche oder doch mehr?

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Schon seit Jahrtausenden beschäftigen uns die -Roboter: Der griechische -Schmiedegott Hephaistos soll menschenähnliche Maschinenwesen gebaut haben. Leonardo da Vinci skizzierte im 15. Jahrhundert Automaten nach dem Vorbild von Soldaten. Unsere Vorstellungen der Zukunft wurden spätestens seit den 1970er- und 1980er-Jahren durch Science-Fiction-Filme geprägt. C-3PO aus Star Wars oder Arnold Schwarzenegger in Terminator befeuerten unsere Faszination für künstliche Menschen. Stehen wir heute kurz davor, dass humanoide Roboter Teil unseres täglichen Lebens werden?

Imitation des Lebens

Roboter begleiten uns natürlich schon heute. In Fabriken automatisieren sie Fertigungsprozesse und in unseren Eigenheimen saugen und wischen sie die Böden. Doch meistens sind sie funktionell und amorph gestaltet. Sie erinnern uns nicht an lebende Organismen. Roboter, die Lebewesen unserer Umwelt imitieren, rufen bedeutend mehr Emotionen hervor. „Beispielsweise ziehen auch die mittlerweile nicht mehr ganz neuen Roboterhunde, die wir am Campus haben, regelmäßig die Blicke auf sich“, erzählt Roman Froschauer, Dekan am Campus Wels der FH OÖ und Studiengangsleiter Robotic Systems Engineering. Und auch Prototypen, die Vögel oder Schlangen imitieren, sind laut dem Experten für spezialisierte Aufgaben geeignet. Humanoide Roboter rufen aber auch Misstrauen hervor. „In der klassischen Produktionsumgebung sind humanoide Roboter aktuell viel mehr mit Jobverlust assoziiert.“ Denn auch wenn das derzeit noch nicht der Fall ist, implizieren humanoide Roboter, den Menschen direkt ersetzen zu können.

Dienstnehmer der Zukunft

In einer von chronischem Arbeitskräftemangel geplagten Welt erscheinen die Roboter als ein Segen. In der Automobilproduktion verfolgt man bereits diesen Ansatz. BMW nutzte den menschenähnlichen Roboter Figure 2 erstmals in einem mehrwöchigen Probelauf. Und auch Mercedes-Benz evaluierte dieses Jahr den Roboter Apollo in einem Pilotprojekt. Der chinesische Elektroautohersteller ist angeblich schon einen Schritt voraus und setzt seit letztem Jahr auf humanoide Helferchen. Froschauer erscheint der Einsatz in Automobilfabriken jedoch derzeit wenig sinnvoll. „Insbesondere im Automobil-Umfeld, wo eine Produktionsstraße aus extrem gut getakteten und präzise definierten Schritten besteht, ist meiner Meinung nach der Einsatz von humanoiden Robotern eher kontraproduktiv, da die Taktzeit dadurch in der Regel nicht schneller wird.“ Für Froschauer liegt die Daseinsberechtigung humanoider Roboter noch in den Prozessen, die für Menschen gemacht wurden. „Für High-Volume-Produktion wäre es zielführender den Fertigungsprozess neu und von vornherein auf maschinelle Fertigung auszulegen.“

 

Geht es nach Elon Musk, soll der Tesla Bot bald unsere Haustiere und Kinder hüten.

Aus der Trickkiste

Als bei der World Robot Conference zwei weibliche Models vorgaben, Roboter zu sein, war dies wohl als Marketing-Gag der chinesischen Firma Ex-Robots gedacht. Dennoch stellt sich die Frage, wieso die Technik nicht für sich sprechen konnte. Peinlicher war da schon Teslas Präsentation des Tesla Bot – auch Optimus genannt – Mitte Oktober. Dort wurde betont, die Roboter würden autonom mithilfe künstlicher Intelligenz agieren. Später stellte sich heraus, dass die Maschinen ferngesteuert wurden. Das steigert nicht gerade das Vertrauen in die Roboter, von denen Elon Musk behauptet, dass sie künftig mit Haustieren Gassi gehen und auf Kinder aufpassen werden. Roman Froschauer schließt es aber nicht aus, dass wir eines Tages den Maschinen diese Aufgaben übertragen werden. „Wir überlassen schon heute Maschinen die teilweise Verantwortung über Menschen“, sagt er, „eine große Rolle spielt dabei auch das Vertrauen in die Technik. Dieses wird aktuell durch Vorschriften und strenge Kontrollen hergestellt.“

Lernende Maschinen

Besonders in den letzten Jahren ist ein Influx an Produzenten humanoider Roboter zu erkennen. Aber welche Rolle spielt dabei die künstliche Intelligenz? „Robotersysteme profitieren aktuell nahezu ausschließlich von der Bilderkennung“, erklärt -Froschauer. Alle klassischen Fähigkeiten, die ein Roboter braucht, wie das Bewegen, Laufen und Greifen sind der Regelungstechnik, also von Menschen erschaffenen Algorithmen zu verdanken. Der Experte erkennt hier Potenzial für die Zukunft, weiß aber auch, dass es noch Hürden zu überspringen gilt: „Die Schwierigkeit liegt in der Verfügbarkeit von Trainingsdaten beziehungsweise der Komplexität der Einsatzumgebung der Maschinen.“ So lange diese Komplexität in unseren Haushalten und Arbeitsplätzen besteht, dürfen und müssen wohl weiterhin Menschen aus Fleisch und Blut auf Kinder aufpassen und ihrer Arbeit nachgehen. 

 

Roman Froschauer Dekan FH OÖ Campus Wels

"In der klassischen Produktions­umgebung sind humanoide Roboter aktuell mit Jobverlust assoziiert."

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