Indexfonds - Sparen wie die Profis
Haben Sie schon einmal etwas von ETFs gehört? Wenn nicht, befinden Sie sich in guter Gesellschaft. Nur 8 Prozent der Österreicher können den Begriff richtig einordnen, zeigt eine aktuelle Umfrage des Bankenverbands und BCG. 12 Prozent meinen zu wissen, worum es bei den drei Buchstaben geht, liefern aber eine falsche Antwort. Weiteren 37 Prozent ist das Kürzel irgendwann einmal untergekommen, ohne dessen genaue Bedeutung zu kennen, während 43 Prozent die Existenz von ETFs völlig unbekannt ist. Dieses Informationsdefizit könnte darauf zurückzuführen sein, dass die Österreicher in Finanzangelegenheiten traditionell konservativer sind und tendenziell hinter den aktuellen Trends hinterherhinken. Aber es kann auch eine berechtigte Skepsis an obskuren Akronymen aus der Geldbranche als Ursache haben.
Zur Jahrtausendwende beglückten Wallstreet-Banken die Menschheit mit Finanzprodukten wie CDS, CFD oder ABS, die als bahnbrechend gefeiert wurden. Am Ende entpuppten sich Credit Default Swaps & Co als Spekulationswerkzeuge, die nur einige wenige reich machten und die Welt 2008 an den Rand des Abgrunds führten. Banken galten als „Too Big to Fail“ und mussten von der Allgemeinheit gerettet werden. „Die letzte echte Innovation der Banken war der Geldautomat“, sagte der ehemalige Chef der US-Notenbank Paul Volcker kurz nach der Pleite von Lehman Brothers trocken. Echte Finanzinnovationen müssten aus seiner Sicht sowohl sozialen als auch ökonomischen Gewinn bringen.
Transparenz, niedrige Kosten, Risikostreuung
Der 2019 verstorbene Wirtschaftswissenschaftler würde heute vermutlich nicht so hart urteilen. Denn ETFs haben sich in den letzten zehn Jahren als smarte und beliebte Anlageform entwickelt. Die drei Buchstaben ETF stehen für „Exchange Traded Funds“, was so viel wie „börsengehandelter Fonds“ bedeutet. Synonym werden ETFs auch als Indexfonds bezeichnet, wobei Indexfonds nicht zwingend an der Börse gehandelt werden, ETFs jedoch schon. Erfunden wurden sie vom Amerikaner John Bogle. Der Mitgründer der US-Investmentgesellschaft Vanguard legte 1975 mit dem Vanguard 500 den ersten Indexfonds für Privatpersonen überhaupt auf und öffnete damit eine Tür zu günstigen passiven Anlagemöglichkeiten für jedermann. Er war davon überzeugt, dass das Investieren in einzelne Unternehmen ein zu großes Risiko darstellt. Es wäre weitaus vorteilhafter, über einen Index in eine Vielzahl von Unternehmen zu investieren, um so auf das gesamte Unternehmertum zu wetten.
Der erste echte ETF wurde am 9. März 1990 an der Börse von Toronto als TIPs gehandelt und bildete den kanadischen Toronto 35 Index Participation Index (TSE 35) ab. Drei Jahre danach wurde in den Vereinigten Staaten der SPDR S&P 500 ETF lanciert – bis heute der weltweit am meisten gehandelte Index. Im Jahr 2000 starteten die ersten ETFs in Europa. Die Idee dahinter: Es gibt keine eigene Börse für indexgebundene Fonds, sondern der Anleger kauft mit dem ETF quasi einen ganzen Börsenindex, eine ganze Branche oder Anlagekategorie. Die größten Vorteile sind Transparenz, niedrige Kosten und Risikostreuung. Günstiger sind ETFs deshalb, weil keine Fondsmanager benötigt werden, die viel Zeit und Ressourcen aufwenden, um Investmententscheidungen zu treffen. Zudem zeigen Vergleiche, dass langfristig nur selten ein gemanagter Fonds eine bessere Performance erzielt als der entsprechende Index.
Millennials als Treiber
„ETFs werden von der jüngeren Generation und jenen Anlegern, die sich mit den Kapitalmärkten befassen, vermehrt nachgefragt, weil sich damit der Markt transparent und kostengünstig abdecken lässt“, bestätigt auch Rudolf Eder, Leiter des Bankhaus Spängler in Linz. Bei der Privatbank sind ETFs ein Anlageschwerpunkt. Das Vehikel werde auch in der Beratung genutzt, weil Kunden via Handy die Marktentwicklung jederzeit beobachten und vergleichen können. Gerade das Internet habe zu mehr Finanzwissen sowie Interesse für den Kapitalmarkt im Allgemeinen und ETFs im Besonderen beigetragen, sagt Eder. Die Millennials als treibende Kraft hinter dem derzeit starken Wachstum am ETF-Markt sieht auch das Beratungsunternehmen PwC in einer aktuellen Studie. Bis 2030 könnte diese junge Generation mehr als 68 Billionen US-Dollar von ihren Babyboomer-Eltern erben und einiges davon in ETFs investieren – vorzugsweise via Smartphone. 11,5 Billionen US-Dollar waren Ende des Jahres weltweit in ETFs angelegt. In vier Jahren soll dieses Vermögen auf 19,2 Billionen US-Dollar anwachsen, was einer jährlichen Wachstumsrate von 14,3 Prozent entspricht. Auch Robo-Advisors, Onlineplattformen und mobile Apps werden den nächsten großen Einfluss auf die Entwicklung der ETF-Branche haben.
Eine attraktive Sparform nicht nur für Vermögende
In Deutschland lag das Volumen 2023 um 30 Prozent höher als im Jahr davor, gut vier Millionen Menschen haben einen Sparplan in ETFs abgeschlossen – um 9 Prozent mehr als im Dezember 2022. Diese Angaben stammen von der Webseite extraEFT, die regelmäßig Umfragen bei Banken durchführt. Die monatlichen Beträge, die im Schnitt von Anlegern in den ETF-Topf einbezahlt werden, belaufen sich auf 163 Euro. „Das Instrument ist also nicht nur für wohlhabende Bürger geeignet, sondern auch für Durchschnittsverdiener, die Altersvorsorge für unsichere Zeiten betreiben wollen“, schreibt Finanzautor Günter Heismann in seinem aktuellen Buch über Chancen und Risiken für Anleger am ETF-Markt (siehe Buchtipp). Heismann glaubt, dass börsengehandelte Indexfonds in absehbarer Zeit so beliebt werden, wie dies einst Lebensversicherungen waren. „ETFs sind die wichtigste Innovation an den Finanzmärkten in den vergangenen Jahrzehnten“, meint auch der deutsche Investor und Anlageberater Christian W. Röhl. Zusammen mit den kostengünstigen Neobrokern hätten die Indexfonds einen wichtigen Beitrag zur Demokratisierung der Geldanlage geleistet und dürften dies in den nächsten Jahren weiter tun.
Der MSCI World als Basis
Ein ETF-Portfolio ist für den langfristigen Vermögensaufbau gedacht und braucht daher ein Fundament aus einem breiten Börsenindex. Der Eckstein, da sind sich alle Auskenner einig, ist der Weltindex MSCI World. Bei Anlegern gilt er als erste Wahl, weil er die 1.500 erfolgreichsten Aktiengesellschaften aus 23 Industrienationen umfasst. Ob es einer Branche oder einem einzelnen Unternehmen schlecht geht, hat damit keinen entscheidenden Einfluss auf den Gesamtindex. Investoren, die in den MSCI World investieren, haben Anteil an der Entwicklung der weltweit größten Börsen. Hier ist das Who-is-who der Unternehmenswelt versammelt, womit er auch als ein wichtiger Barometer für die Weltwirtschaft gilt. Allerdings ist der MSCI World nicht ausgewogen, 70 Prozent des Investments landen am New Yorker Finanzplatz. Dieses Ungleichgewicht sollte zum Beispiel mit ETFs für MSCI Emerging Markets, in dem 1.400 Unternehmen aus Asien & Co abgebildet sind, kompensiert werden. Auch Europa darf nicht fehlen: Empfohlen wird eine breite Streuung der „Euro-Stars“ aus Stoxx Europe 50 und Stoxx Europe 600. Jedenfalls hat der MSCI World seine Anleger nicht enttäuscht: Im langfristigen Schnitt warf er eine durchschnittliche Rendite von jährlich 8 Prozent ab.