Bürgermeister ante portas
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Es war ein politisch heißer Kultursommer im Brucknerjahr 2024. So heiß, dass der Linzer Stadtchef Klaus Luger sein Büro im Alten Rathaus räumen musste. In einer eilig einberufenen Pressekonferenz am 23. August dankte der 63-jährige Jurist als Bürgermeister der Stadt Linz reumütig ab, nachdem durch veröffentlichte Chats in den Oberösterreichischen Nachrichten bekannt geworden war, dass die Bestellung des Ex-Brucknerhaus-Intendanten Dietmar Kerschbaum geschoben war und Luger die Öffentlichkeit bewusst hinters Licht geführt hat. Luger galt als einer der einflussreichsten Sozialdemokraten im Land und der Skandal rund um die Linzer VeranstaltungsgesmbH LIVA kam für die ohnehin krisengebeutelte SPÖ kurz vor der Nationalratswahl zur Unzeit. Außerdem erwischte der Rücktritt den für Stadtplanung zuständigen Stadtrat und parteiinternen Kronprinzen Dietmar Prammer am falschen Fuß. Er ist in der Bevölkerung wenig bekannt und muss sein Profil bis zur Wahl am 12. Jänner schärfen. Morgenluft schnuppern die anderen Fraktionen, vor allem die Spitzenkandidaten Martin Hajart (ÖVP) und Michael Raml (FPÖ) machen sich Hoffnungen auf den Bürgermeistersessel. Neben der Grünen Eva Schobesberger und Georg Redlhammer von den Neos rechnen sich auch Lorenz Potocnik (Linzplus) und Gerlinde Grünn (KPÖ) Außenseiterchancen aus.
Nur einer kann gewinnen
Mit der Wahl betritt die Stadt Neuland. Oberösterreich zählt zu jenen sechs Bundesländern, in denen bei Gemeinderatswahlen zwei Stimmen abgegeben werden können: eine für die Partei und eine für den Bürgermeisterkandidaten. Da Luger als Bürgermeister zurückgetreten ist, geht es bei dieser Wahl nicht um die Sitzneuverteilung im Gemeinderat, sondern ausschließlich um den vakanten Sessel im Bürgermeisterbüro im Alten Rathaus. Wer darin Platz nehmen darf, wird wohl erst am 26. Jänner in einer Stichwahl entschieden. Sicher ist nur, dass so eine Persönlichkeitswahl eigene Gesetze hat. Für einen Themenwahlkampf ist die Zeit zu kurz. „Die Kandidaten müssen ein klares Imageprofil aufbauen, wofür sie stehen und was sie politisch für ein Typ sind. Generell gehe ich von einem Mobilisierungswahlkampf als entscheidendem Faktor aus, weil eben alle Kandidaten bei ihrem Image noch Luft nach oben haben“, sagt Politikwissenschaftler Peter Filzmaier im Interview (Seite 28). Als geschäftsführender Vizebürgermeister und damit Stadtchef auf Zeit hat Prammer den Vorteil, sich bereits als Macher zu positionieren. Mit seiner Absage, die Digitaluni IT:U am geplanten Standort neben der Johannes Kepler Universität aufgrund eines zu erwartenden negativen Umweltbescheids zu errichten, sorgte er österreichweit für Schlagzeilen und brachte die Landesregierung gegen ihn auf. Ihr Vorwurf, Prammer hätte aus wahltaktischen Gründen so entschieden, wies dieser postwendend zurück. „Wie mit den bisher entstandenen Kosten umgegangen wird und wie hoch diese sind, liegt beim Bund, ist derzeit noch Gegenstand von Analysen und hängt auch von einem möglichen neuen Standort für die IT:U ab“, heißt in einer Stellungnahme von Landeshauptmann Thomas Stelzer gegenüber CHEFINFO.
Hohe Vertrauenswerte
Ein Phänomen sind die hohen Vertrauenswerte trotz einiger Skandale. In einer aktuellen Umfrage des Gemeindebunds liegen die Bürgermeister auf den Top-Plätzen. Den Grund sieht Filzmaier in der Bürgernähe: „Salopp gesagt: Ein Kanzlerkandidat kann nicht allen über 6,3 Millionen Wahlberechtigten die Hand schütteln. Ein Linzer Bürgermeisterkandidat schafft das zwar auch nicht mit über 130.000 Wahlberechtigten, doch immerhin bei einem größeren Teil davon. Und in kleinen Gemeinden kennt ein Bürgermeister wirklich jeden.“