Lehre in Tirol: Wir haben den Traum verwirklicht!
Wirft man einen Blick auf die Homepage von Zillertalkamin.at, erwartet man vieles: Etwa eine typische Rauchfangkehrer-Szenerie. Stattdessen schmückt den Header der Website ein Wohnzimmeridyll mit samtgrünem Sofa, Lampe, Wohnzimmertisch, Holzschnitte an der Wand, daneben ein moderner Kaminofen – und auf dem Sofa sitzt eine sympathische, tolle Frau, die Zufriedenheit ausstrahlt.
Mit großen Lettern prangt über dem Titelbild: Ihre Tiroler Kaminfachfrau – Spezialistin in allen Heizungsfragen. „Der Beruf Rauchfangkehrer wurde mir quasi in die Wiege gelegt. Mein Vater hatte einen Rauchfangkehrerbetrieb und somit war ich von Kindheit an mit dem Rauchfangkehren konfrontiert. Für mich stand eigentlich schon im Volksschulalter fest, dass ich diesen Beruf erlernen möchte und später einmal selbständig sein will“, sagt Gabi Schiestl.
Es sei damals unüblich gewesen sei, dass ein Mädchen Rauchfangkehrer wird. „Daher wurde ich in der Schule auch immer belächelt, wenn wir unseren Berufswunsch äußern mussten.“ Die Lehre hat Schiestl im elterlichen Betrieb absolviert. Nach drei Lehrjahren als einziges Mädchen in der Berufsschule, schloss sie die Lehre 1983 mit der Gesellenprüfung ab. 1986 bestand sie wiederum als einzige Frau die Meisterprüfung. Dies war die Voraussetzung als Unternehmerin. 1996 übernimmt Schiestl den elterlichen Betrieb von ihrem Vater. Der Einstieg in diesen doch männerdominierten Beruf war für die Zillertalerin nie ein Problem. „Man muss sich natürlich als Mädchen oder Frau durchsetzen können und darf auch nicht so ganz zart besaitet sein. Denn der eine oder andere etwas zweideutige Spruch bleibt natürlich nicht aus. Aber mit Charme und Schlagfertigkeit erledigt sich vieles von selbst.“
Sich selbst bezeichnet Gabi Schiestl gerne als Rauchfangkehrermeisterin. „Es ist aber auch nicht falsch, wenn jemand Kaminkehrermeisterin sagt.“ Das Unternehmen Zillertalkamin leitet die Tiroler Kaminfachfrau in der 3. Generation. „Für mich war es von Anfang an sehr wichtig, dass ich auch persönlich etwas für unseren Berufsstand bewirke. Daher war es für mich selbstverständlich dem Innungsauschuss sowie dem Werbeausschuss in der Wirtschaftskammer beizutreten.“ Seit 2020 bekleidet Schiest das Amt der Innungsmeister- Stellvertreterin. „Ich bin sehr stolz, dass mir meine männlichen Kollegen dieses Vertrauen geschenkt haben.“ Im eigenen Betrieb bildet die Chefin gerade einen Lehrling aus. Stefan ist jetzt dabei die letzte Klasse in der Berufsschule abzuschließen. Im Herbst wird er die Gesellenprüfung machen und dann als Rauchfangkehrergeselle bei Zillertalkamin mitarbeiten.
„Unsere Branche hat ein enormes Potential für junge Leute. Man kann die Welt sehen und man kann zu einer Art Rockstar werden, wenn man gut ist“, sagt Benjamin Parth über seinen Traumberuf. „Aber natürlich steckt hinter dem Kochberuf sehr viel Arbeit, sehr viel Zeit und sehr viel Disziplin. Ich bin aber überzeugt, dass es viele junge Menschen gibt, die diesen Beruf weiterhin ausüben möchten und werden. Ein wenig gehört es doch auch zur DNA des Tirolers und Tirolerin, Tourismus zu machen.“ DNA ist das eine, Leidenschaft das andere. Von beidem hat Österreichs ehemals jüngster Haubenkoch und Koch des Jahres 2019 mehr als genügend abbekommen. In seinem letzten Pflichschuljahr fährt Benjamin Parth vom Gymnasium in Landeck nachhause nach Ischgl. Noch im Bus ruft er Haubenkoch Heinz Winkler an und vereinbart eine Lehrstelle. „Meine Eltern wollten mich lieber in die Hotelfachschule stecken. Doch ich hatte nur eines im Kopf: Ich wollte Koch werden und das Handwerk beherrschen.“ Mit 15 Jahren geht es deshalb nach Aschau im Chiemgau in die Residenz Winkler und nach der Lehre quer durch Europa mit Stationen in den besten Restaurants. „Das würde ich jungen Leuten besonders empfehlen. Die Auslandsjahre sind die schönsten Jahre und man kann sehr viel mitnehmen.“
Seit 2008 ist Benjamin Parth als Küchenchef im elterlichen Hotel YSCLA und dem dazugehörigen Restaurant Stüva - aktuell im Gault & Millau als bestbewertetes Restaurant Tirols gereiht und zählt weltweit zu den besten 165 Restaurants - tätig. Auch Parths neues Lokal, das Space 73 in Ischgl - eine lässig-legeres Lokal, um vor allem jungen Leuten Haubenküche schmackhaft zu machen – ist bereits im Gault & Millau vertreten. Über seinen Erfolgsweg sagt Parth: „Am selbständig sein gefällt mir am besten, dass ich meiner Kreativität freien Lauf lassen kann. Aber es braucht auch unternehmerisches Denken. Man hat Verantwortung gegenüber den Mitarbeiten und deren Familien und gegenüber der eigenen Familie.“
War die Karriere eine geplante? „Ja. Der Ehrgeiz treibt mich an. Schon mit 15 Jahren habe ich gewusst, wohin die Reise in etwa gehen soll. Ich wollte immer zu den Besten gehören“. Das sei zwar nicht planbar, aber mit einem Ziel vor Augen machbar. Dass es so schnell gehen würde, hat Benjamin Parth nicht gedacht. „Wenn man dann in Paris eine Auszeichnung erhält und neben dir auf der Bühne der berühmte Sternekoch Alain Ducasse steht. Das sind die kleinen Momente, da bin sogar ich stolz.“
Mit Stolz blickt auch Helmut Krösbacher auf seine bisherige erfolgreiche Karriere. Nach dem klassischen Weg der Lehre bei der Firma Hörtnagl, Gesellen- und Meisterprüfung, einigen Stationen bei Tiroler Metzgern, übernimmt der Fleischermeister 2004 den elterlichen Betrieb in Fulpmes und führt die seit 1905 bestehende Metzgerei in vierter Generation weiter. Seine Eltern hätten ihm durchaus die Wahl gelassen, doch für den Sohn ist klar, er wollte das Fleischerhandwerk erlernen. Doch damit war es nicht getan. Die Metzgerei Krösbacher trägt bis heute die wissbegierige und vielseitige Handschrift ihres Chefs.
Krösbacher bildet sich über die Jahre laufend weiter, absolviert die Unternehmerakademie an der WK Tirol in Schwaz, nimmt erfolgreich an Fortbildungen der Fleischerschule Landshut, WIFI Tirol und am ersten Fleischsommelier-Kurs Österreichs in Linz teil. Gemeinsam mit Doppel-Grillweltmeister Adi Matzek organisiert Krösbacher die ersten Grillseminare in Österreich. 2006 gründet der Tiroler Grilltrainer eine Cateringfirma über die das Catering und die Grill Academy (eigene Grillseminare) abgewickelt werden.
Am Standort der Metzgerei in Fulpmes eröffnet Krösbacher das „Hellis“, ein Fleischerimbiss, der bis 23 Uhr geöffnet hat und stellt einen der ersten Fleischautomaten Tirols vor das Geschäft, so dass die Kunden rund um die Uhr versorgt sind. Lehrlinge hat Fleischermeister Krösbacher bereits einige ausgebildet. Momentan aber ist wenig Interesse da. „Das finde ich sehr schade. Wir würden sehr gerne Lehrlinge aufnehmen. Der Beruf ist sehr abwechslungsreich und interessant.“ Genau diese Attribute und nicht zuletzt die Wertschätzung der Tiere sind es, warum der heutige erfolgreiche Unternehmer Helmut Krösbacher seinen Beruf so liebt. „Das habe ich noch von meinem Vater gelernt. Wenn man das Tier direkt beim Bauern kauft, es verarbeitet und verkauft, ist man Teil einer regionalen Wertschöpfungskette, die auch den Konsumenten zugute kommt und den gesellschaftlichen Kreislauf stärkt. Das ergibt einen völlig anderen Blickwinkel auf unseren Beruf. Das prägt.“