Bergretterin im Einsatz: Regina Poberschnigg
Regina Poberschnigg war immer schon in den Bergen daheim – als Bergwanderführerin mit eigener Bergschule war sie oft unterwegs, damals noch ohne Handy. Immer wieder mal passierte etwas – Schwächeanfälle, Verstauchungen etc. Deshalb hat sie ein Funkgerät der Bergrettung mitgenommen. „Das wurde nicht so gerne gesehen, schließlich war ich kein Mitglied. Also warum nicht Mitglied werden?“, erinnert sich die Außerfernerin. Doch ganz so einfach war das nicht, denn damals nahm die Bergrettung nur männliche Mitglieder auf. „Sogar in der Zeitung wurde darüber geschrieben, dass ich Bergretterin werden will. Ich hab mich fast nicht mehr in den Ort getraut“, meint Regina. Im Februar 1997 war es dann soweit: bei der Landesversammlung in Innsbruck kam es zur Abstimmung, ob Frauen auch aufgenommen werden sollten. Die Mehrheit war zwar dafür, die 3/4-Mehrheit kam aber leider nicht zustande. Doch der Stein kam ins Rollen: zwei Jahre später wurde nochmals abgestimmt – und diesmal stimmten über 80 Prozent für Frauen in der Bergrettung.
„Mein Ortsstellenleiter hat sich total gefreut und mich gleich für die Aufnahmeprüfung angemeldet“, erzählt die Ehrwalderin. Damals gab es nämlich auch erstmals Aufnahmeprüfungen. „Wir mussten Klettern, Skifahren und unsere Kondition unter Beweis stellen, aber auch Seiltechnik, Spitzkehren etc. Heute ist der Test noch anspruchsvoller“, erzählt sie und ergänzt augenzwinkernd: „Wir waren damals drei Frauen und haben uns so richtig ins Zeug gelegt. Keine wollte sich blamieren, schließlich haben alle ganz genau bei uns hingeschaut. Da gibt man alles – und wenn dann später alles weh tut, muss das ja niemand wissen.“ Je eine Woche gab es ein Sommertraining, dann eine Woche Wintertraining – und dann war Regina ausgebildete Bergretterin.
Den Respekt der anderen Bergretter hat sie sich längst verdient. Mittlerweile ist sie langjährige Ortsstellenleiterin in Ehrwald – und hat damit eine recht große Ortsstelle mit zahlreichen Sommer- wie Wintereinsätzen unter ihrer Verantwortung. Bereut hat sie den Schritt zur Bergrettung nie: „Die Arbeit macht Sinn, es ist wichtig, zu wissen, wie man helfen kann – und die Ausbildung bringt einen auch persönlich weiter.“ Deshalb will sie auch weitere Frauen dazu bewegen, Mitglied bei der Bergrettung zu werden: „Jede, die es interessiert, sollte die Ausbildung machen. Mädels sollten sich viel mehr zutrauen, denn das Können ist da. Ich sehe mich deshalb auch weniger als Vorbild, viele Frauen haben die Fähigkeiten – das sehe ich oft, wenn ich Berg unterwegs bin.“ Aktuell sind übrigens von den 4.590 Mitgliedern der Tiroler Bergrettung 231 Frauen. Es ist also durchaus Luft nach oben. In Ehrwald bei Regina arbeiten aktuell eine weitere Frau und zwei Anwärterinnen. Eine davon ist Ärztin und wird heuer mit ihrer Bergrettungs-Ausbildung fertig. Die andere ist erst 17 Jahre und in der Jugendgruppe. „Hier wird man noch schauen müssen, ob sie langfristig dabei bleibt, denn der Job ist schon mit hohem Zeitaufwand verbunden“, erzählt sie. Gerade ihre Ortsgruppe ist viel gefordert, so zählt z.B. die beliebte Zugspitze zum Einsatzgebiet, ebenso wie die Mieminger Kette, der Wetterstein und Teile der Ammergauer und Lechtaler Alpen.
Übrigens: Die Ausbildung ist nicht mit der Grundausbildung abgeschlossen. Sechs Ausbildungen pro Jahr werden absolviert. „Die Tiroler Bergrettung braucht sich hier nicht verstecken. Wir haben einen guten Ruf und werden oft auch als Experten zu Rate gezogen“, erzählt sie. So sei die Bergrettung z.B. in puncto Ausrüstung und Tests immer vorne dabei. „Und das spielt auch uns Frauen in die Karten: Eine effizientere Ausrüstung bedeutet auch weniger Ballast – und das spielt uns Frauen natürlich in die Karten.“ Ansonsten bekommen weibliche Bergretter übrigens keine Sonderbehandlung: „Wir müssen alle das gleiche Können haben. Das ist auch wichtig. Natürlich gibt es in der Ausbildung Gruppen, die besonders ehrgeizig sind und die Ziele z.B. bei der Kondition übertreffen wollen. Aber das ist on top“, meint sie augenzwinkernd.